Rz. 1
Das Arbeitsrecht spielt eine nicht unerhebliche Rolle, wenn der Erblasser selbst Arbeitgeber war und die Erbengemeinschaft seine Aufgaben übernimmt. Das Arbeitsrecht spielt umgekehrt aber auch dann eine Rolle, wenn ein Arbeitnehmer verstirbt. In diesem Fall kann die Erbengemeinschaft Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis (z.B. Lohn, Abfindungen oder auch Urlaubsabgeltungsansprüche) geltend machen, die bis zum Tod entstanden sind.
In der Beratungspraxis treten somit immer wieder Erbengemeinschaften auf, die sich mit der Abwicklung oder Ausgestaltung von Arbeitsverhältnissen beschäftigen müssen: Dies gilt insbesondere für die Erbengemeinschaften, in deren Nachlass sich ein Unternehmen befindet, welches als Einzelhandelsgeschäft und nicht als Gesellschaft nach den Strukturen einer GmbH, AG, KG, GmbH & Co. KG, Genossenschaft oder OHG geführt wird. Während dort die gesellschaftsrechtlichen Strukturen Vorrang genießen und folglich auch der die Rechtsbeziehung regelnde Vertrag mit der Gesellschaft geschlossen ist, tritt im Rahmen eines Einzelhandelsgeschäfts die Erbengemeinschaft mit dem Arbeitnehmer direkt in vertraglichen Kontakt.
Die Erbengemeinschaft entsteht kraft Gesetz mit dem Erbfall. Sie endet mit dem Vollzug der Auseinandersetzung hinsichtlich sämtlicher zum Nachlass gehörender Gegenstände. Insofern sind materiell-rechtliche Schnittmengen zwischen Arbeitsrecht und Erbrecht selten.
Das Arbeitsrecht ist bis zum heutigen Tag nicht einheitlich kodifiziert. Die das Arbeitsverhältnis bestimmenden Regeln sind über eine Vielzahl von Gesetzen verstreut. Maßgebliche Rechtsquelle des Individualarbeitsrechts ist nach wie vor das Bürgerliche Gesetzbuch. Danach stellt der Dienstvertrag (geregelt in §§ 611 ff. BGB) den Grundtyp der Vertragsbeziehung zwischen den Arbeitsvertragsparteien dar. Daneben finden neben den Rechtsquellen des europäischen Rechts auch die kollektivrechtlichen Regelungen (bspw. Tarifrecht, Betriebsverfassungsgesetz, Recht der Unternehmensmitbestimmung etc.) Anwendung.
I. Arbeitsverhältnis
Rz. 2
Ausgangspunkt für die weiteren Überlegungen ist der Umstand, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch einen Arbeitsvertrag miteinander verbunden sind, der die Rechte und Pflichten der Parteien weitgehend bestimmt. Der Arbeitsvertrag ist Dienstvertrag i.S.d. §§ 611 ff. BGB. Als Dauerschuldverhältnis angelegt, erfordert er ein vertrauensvolles Zusammenwirken, besondere gegenseitige Rücksichtnahme und Sorgfalt bei der Wahrnehmung der gegenseitigen Interessen.
II. Persönliche Leistungsverpflichtung
Rz. 3
§ 613 BGB hebt deutlich die persönliche Leistungsverpflichtung des Arbeitnehmers hervor. Hieraus wird abgeleitet, dass der Arbeitnehmer seine Leistung selbst und höchstpersönlich zu erfüllen hat. Er kann sie in der Regel nicht an einen "Ersatzmann" oder "Gehilfen" delegieren. Aus dieser Betrachtungsweise leiten sich auch die Rechtsfolgen ab für den Fall, dass einer der Vertragspartner stirbt: Stirbt der Arbeitnehmer, so wird das Arbeitsverhältnis immer beendet. Dies gilt so auch für Leiharbeitsverhältnisse. Tritt der Erbe dennoch in das Arbeitsverhältnis des Erblassers ein und arbeitet weiter, so wird ein neues Arbeitsverhältnis begründet. Von dieser Regel können Ausnahmen gemacht werden, wenn diese vertraglich vereinbart sind.
Rz. 4
Der Tod des Arbeitgebers berührt den Bestand des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich nicht, es sei denn es wurden konkrete, diese Situation regelnde andere vertragliche Vereinbarungen getroffen. Somit geht das Arbeitsverhältnis auf die Erben – zur gesamten Hand – über nach den Regeln der §§ 1922 ff. BGB. Soll es beendet werden, so muss es gekündigt bzw. aufgehoben werden.
Dort, wo ausdrücklich oder konkludent vereinbart worden ist, dass die Arbeitsleistung ausschließlich für eine konkrete Person, den Arbeitgeber, erbracht werden soll, endet das Arbeitsverhältnis mit dem Tod des Arbeitgebers.