Dr. Claus-Henrik Horn, Dr. iur. Claus-Peter Bienert
Rz. 47
Grundsätzlich ist es zweckmäßig, wenn eine dem behinderten Kind nahestehende Person zum Testamentsvollstrecker bestellt wird. Ebenfalls ist es wünschenswert, wenn eine dem behinderten Kind nahestehende Person zum Betreuer ernannt wird. Gleichzeitig ist zu beachten, dass diese nahestehenden Personen auch selbst am Nachlass als Erbe beteiligt sein können. I.d.R. steht nicht eine Vielzahl von Personen für diese Ämter zur Verfügung. Kollisionen sind vor allem denkbar, wenn (1) Testamentsvollstrecker und Betreuer dieselbe Person ist bzw. (2) der Betreuer auch selber Erbe ist.
Rz. 48
Im Idealfall ist der Betreuer nicht gleichzeitig auch Testamentsvollstrecker. So kann es zu einer Interessenkollision kommen, da der Betreuer schließlich als gesetzlicher Vertreter des mit der Testamentsvollstreckung beschränkten Erben den Testamentsvollstrecker kontrollieren soll und u.a. das Nachlassverzeichnis entgegenzunehmen hat (§ 2215 BGB). Auch kann ein Betreuer die Entlassung des Testamentsvollstreckers beim Nachlassgericht beantragen (§ 2227 BGB). Die Rechtslage ist in etwa vergleichbar mit der Konstellation bei minderjährigen Erben, wenn der Elternteil gesetzlicher Vertreter seines minderjährigen Kindes und gleichzeitig Testamentsvollstrecker ist. Eine gefestigte Rechtsprechung besteht nicht, ob hier eine unzulässige Kollision vorliegt (vgl. § 11 Rdn 11ff.). Bei Minderjährigen ist zu empfehlen, vorsorglich einen Ergänzungspfleger für den Fall, dass das Familiengericht eine Kollision erkennt, zu ernennen (§ 1917 BGB; vgl. § 11 Rdn 37ff.). Ist für das behinderte Kind eine Person zum Betreuer bestellt worden, bei der eine Kollision vorliegt, ist anzudenken, dass das Betreuungsgericht für den Teilbereich der Erbschaft bzw. des Vermächtnisanspruchs einen Ergänzungsbetreuer nach § 1899 Abs. 4 BGB einsetzt. Krauß spricht von einem "Dauerergänzungsbetreuer". Diesen sah das OLG Zweibrücken schon in einem Einzelfall als erforderlich an, wenn zwischen dem Betreuer und dem Testamentsvollstrecker eine besondere, Loyalität fordernde Nähebeziehung vorlag. Möglich ist, dass für diesen Fall die Person, die auch Betreuer ist, das Amt des Testamentsvollstreckers niederlegt und – sofern das Testament eine Befugnis zur Ernennung eines Nachfolgers enthält (§ 2199 BGB) – einen Ersatztestamentsvollstrecker ernennt. Alternativ kann auch schon die Person eines Ersatztestamentsvollstreckers testamentarisch verfügt worden sein. Nochmals alternativ wird vorgeschlagen, für diesen Fall einen Mittestamentsvollstrecker zu ernennen (§ 2224 Abs. 1 S. 3 BGB). Dagegen spricht aber, dass eine solche Gestaltung in der Praxis zu kompliziert sein kann und ggf. der Mittestamentsvollstrecker wegen der Kollision des Haupttestamentsvollstreckers infiziert werden könnte.
Rz. 49
Eine Kollision kann wegen eines Interessenkonflikts nach §§ 1908i, 1796 BGB bestehen, wenn die Person des Betreuers, der die Rechte für das behinderte Kind wahrnehmen soll, gleichzeitig auch der belastete Erbe ist. Dann wird das Betreuungsgericht dem Betreuer für den Bereich der Erbschaft die Betreuung entziehen und einen Ergänzungsbetreuer nach § 1899 Abs. 4 BGB einsetzen. Das Testament kann eine Anregung enthalten, welche Person dann zum Ergänzungsbetreuer bestellt wird.