I. Anspruchsgrundlagen auf Hilfeleistung

 

Rz. 3

Seit dem 1.1.2005 sind die staatlichen steuer- und nicht beitragsfinanzierten Sozialleistungen von Grund auf wie folgt reformiert worden:

Wird ein Erwerbsfähiger arbeitslos, so erhält er bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen der §§ 136 ff. SGB III zunächst Arbeitslosengeld I (Alg I), und zwar einkommens- und vermögensunabhängig.
Wer die Anspruchsvoraussetzungen auf Alg I – etwa die Anwartschaftszeit nach § 137 Abs. 1 Nr. 3, § 142 SGB III – nicht erfüllt oder nach Erschöpfung des Alg I-Anspruchs – im Normalfall des § 147 Abs. 2 SGB III nach 6 bis 24 Monaten –, erhält als Arbeitsloser Grundsicherung für Arbeitsuchende – besser bekannt als "Arbeitslosengeld II" (Alg II) oder "Hartz IV" gemäß §§ 7 ff. SGB II. Voraussetzung insoweit ist, dass der Betroffene hilfebedürftig ist, was der Fall ist, wenn er seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Nicht erwerbsfähige Angehörige von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 SGB II leben, erhalten Sozialgeld (§ 19 Abs. 1 S. 2, § 23 SGB II).
Ältere Personen und dauerhaft voll erwerbsgeminderte Personen erhalten die Grundsicherung ("Sozialhilfe" nach den §§ 41 ff. SGB XII). Auch insoweit ist Voraussetzung, dass die Betroffenen ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus Einkommen und Vermögen bestreiten können (§ 41 Abs. 1 SGB XII).

Als weitere Sozialhilfeleistungen erhalten behinderte Menschen Eingliederungshilfe (§§ 53 ff. SGB XII), Hilfe zur Pflege (§§ 61 ff. SGB XII) und vor allem Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 27 ff. SGB XII). Einkommens- und vermögensunabhängig haben sie ferner einen Anspruch auf Rehabilitation und Teilhabe. So können sie staatliche Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§§ 42 ff. SGB IX), zur Teilhabe am Arbeitsleben (§§ 49 ff. SGB IX), zur Teilhabe an Bildung (§ 75 SGB IX) und zur sozialen Teilhabe (§§ 76 ff. SGB IX) beanspruchen.[5] Ihr Umfang ist allerdings beschränkt, so dass sie den tatsächlichen Bedarf des Behinderten regelmäßig nicht vollständig decken.[6]

[5] Zur Rechtslage ab dem 1.1.2020 vgl. Schneider, ZEV 2019, 453.
[6] Braun, Nachlassplanung bei Problemkindern, § 2 Rn 11.

II. Nachrangigkeitsprinzip, Einkommen und Schonvermögen

 

Rz. 4

Das Alg II, die Sozialhilfe und die weiteren Sozialleistungen aus dem SGB II und SGB XII werden bedarfsabhängig gewährt; es gilt der Nachranggrundsatz, wonach der Hilfeempfänger vorrangig sein Einkommen sowie sein gesamtes verwertbares Vermögen einzusetzen hat (§ 2 SGB XII, § 3 SGB II). Bestimmtes Einkommen und Vermögen bleibt unberücksichtigt (§§ 11a, 12 Abs. 3 SGB II; §§ 83, 84, 90 Abs. 2 und 3 SGB XII). Daneben sind Absetz- und Freibeträge zu berücksichtigen (§§ 11b, 12 Abs. 2 SGB II; § 82 SGB XII). Im Verhältnis zu den Freibetragsregelungen des SGB II ist der in § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII geregelte nicht zu berücksichtigende "kleinere Barbetrag" regelmäßig geringer.[7] In diesem Zusammenhang sind aber auch die §§ 60a, 66a SGB XII zu erwähnen, nach denen bei Eingliederungshilfe für behinderte Menschen ein zusätzlicher Betrag von bis zu 25.000 EUR für die Lebensführung und die Alterssicherung i.S.v. § 90 Abs. 3 S. 2 SGB XII als angemessen gilt und bei der Hilfe zur Pflege ein zusätzlicher Betrag von bis zu 25.000 EUR für die Lebensführung und die Alterssicherung i.S.v. § 90 Abs. 3 S. 2 SGB XII als angemessen gilt, sofern dieser Betrag ganz oder überwiegend als Einkommen aus selbstständiger und nichtselbstständiger Tätigkeit der Leistungsberechtigten während des Leistungsbezugs erworben wird. Zum 1.1.2020 wird die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen aus dem SGB XII in das SGB IX überführt. Dann sind existenzsichernde Leistungen und die zukünftig im SGB IX geregelten Leistungen der Eingliederungshilfe deutlich voneinander zu trennen. Werden existenzsichernde Leistungen, namentlich solche der Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung, nicht bezogen, gelten allein die recht günstigen Regelungen der §§ 135 ff. SGB IX.[8] Etwa gilt § 139 S. 2 SGB IX, nach dem die Leistungen nach diesem Teil nicht abhängig gemacht werden dürfen vom Einsatz oder von der Verwertung des Vermögens i.S.d. § 90 Abs. 2 Nr. 1 bis 8 SGB XII und eines Barvermögens oder sonstiger Geldwerte bis zu einem Betrag von 150 % der jährlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV. Bei einer Bezugsgröße (West) von 37.380 EUR ergibt sich ein Freibetrag von 56.070 EUR![9] Bestimmte Leistungen der Eingliederungshilfe werden vermögensunabhängig erbracht, vgl. § 140 Abs. 3 SGB IX i.d.F. ab 1.1.2020.

 

Rz. 5

Was ein Hilfeempfänger von Todes wegen erwirbt, kann sozialrechtlich Einkommen oder Vermögen sein.[10] Einkommen ist grundsätzlich alles, was jemand nach der ersten Antragstellung auf Gewährung der jeweiligen Sozialleistung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor der...

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