a) Konkurrierende Ansprüche
Rz. 174
Ist der erbvertraglich bzw. in einem bindend gewordenen gemeinschaftlichen Testament Bedachte auch Pflichtteilsberechtigter, so können mit den Ansprüchen nach §§ 2287, 2288 BGB auch Pflichtteilsergänzungsansprüche nach §§ 2325, 2326 BGB gegen den Erben oder gem. § 2329 BGB gegen den Beschenkten konkurrieren.
b) Unterschiedliche Gläubiger- und Schuldnerschaft für beide Ansprüche
Rz. 175
Hat der Erblasser zu Lebzeiten einen Dritten beschenkt, so
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kann im Falle der Bejahung eines Missbrauchstatbestands der bindend eingesetzte Erbe einen Herausgabeanspruch gegen den Beschenkten haben, während |
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der Pflichtteilsberechtigte einen Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen den Erben, u.U. subsidiär gegen den Beschenkten, haben kann. |
Die beiden Ansprüche stehen dem jeweiligen Gläubiger gegen den betreffenden Schuldner unabhängig voneinander zu.
Der Bereicherungsanspruch nach § 2287 BGB fällt nicht in den Nachlass, da er originär nie dem Erblasser zugestanden hat, sondern mit dessen Tod in der Person des bindend eingesetzten Erben entsteht (siehe Rdn 100 ff.). Deshalb wird weder der Anspruch selbst noch der herauszugebende Gegenstand dem nach § 2311 BGB für die Berechnung des ordentlichen Pflichtteils zu berücksichtigenden Nachlass zugrunde gelegt.
Andererseits soll der Pflichtteilsberechtigte mit dem Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen lebzeitige unentgeltliche Verfügungen des Erblassers geschützt werden.
Deshalb ist es auch für den Pflichtteilsergänzungsanspruch gleichgültig, ob der Erbe seinerseits den Herausgabeanspruch gegen den Beschenkten geltend macht oder nicht. Nach Ablauf der Zehnjahresfrist des § 2325 Abs. 3 BGB ist der Ergänzungsanspruch ausgeschlossen, während der Herausgabeanspruch des Erben immer noch gegenüber dem missbräuchlich Beschenkten geltend gemacht werden kann.
c) Das Verhältnis des Herausgabeanspruchs (§ 2287 BGB) zur Subsidiärhaftung des vom Erblasser Beschenkten (§ 2329 BGB)
aa) Zwei selbstständige Ansprüche gegen den Beschenkten
Rz. 176
Der vom Erblasser Beschenkte kann sich
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einerseits einem Herausgabeanspruch des bindend eingesetzten Erben gegenübersehen, |
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andererseits auch einem Pflichtteilsergänzungsanspruch des Pflichtteilsberechtigten aus der Subsidiärhaftung nach § 2329 BGB. |
Im Grundsatz ist jeder dieser Ansprüche ein selbstständiger Anspruch.
bb) Ordentlicher Pflichtteil und Ergänzungspflichtteil als zwei selbstständige Ansprüche
Rz. 177
Der Pflichtteilsergänzungsanspruch steht als selbstständiger Anspruch neben dem Anspruch auf den ordentlichen Pflichtteil. Entscheidend ist nicht, ob der Pflichtteilsberechtigte tatsächlich einen Pflichtteilsanspruch hat oder nicht, sondern vielmehr, ob er zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten des § 2303 BGB gehört oder nicht.
OLG Hamm:
Zitat
"… Die Ausschlagung der Erbschaft ist unschädlich für den Pflichtteilsergänzungsanspruch. Es reicht aus, dass der Pflichtteilsanspruch des Klägers dem Grunde nach besteht."
Rz. 178
Auch der Pflichtteilsergänzungsanspruch ist Nachlassverbindlichkeit i.S.v. § 1967 Abs. 2 BGB und richtet sich damit gegen den Erben, § 1967 Abs. 1 BGB. Kann der Erbe aus Rechtsgründen für den Pflichtteilsergänzungsanspruch nicht haftbar gemacht werden (z.B. wegen wirksamer Haftungsbeschränkung), so kann der Beschenkte gem. § 2329 BGB in Anspruch genommen werden.
cc) Der Vertragserbe setzt als Erster seinen Herausgabeanspruch durch
Rz. 179
Würde der Vertragserbe als Erster seinen bereicherungsrechtlichen Herausgabeanspruch gegenüber dem Beschenkten erfolgreich durchsetzen, so wäre Letzterer entreichert und könnte sich gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten wegen des Ergänzungsanspruchs (§ 2329 BGB) auf den Entreicherungseinwand nach § 818 Abs. 3 BGB berufen.
Auch eine Haftung des bindend eingesetzten Erben käme nicht in Betracht, weil weder der Herausgabeanspruch nach § 2287 BGB noch der erlangte Gegenstand selbst in den Nachlass fällt, wo er einer Pflichtteilsberechnung (§ 2311 BGB) zugrunde gelegt werden könnte.
Die Lösung dieses Konkurrenzfalles ergibt sich jedoch aus der Gegenüberstellung des Bereicherungsanspruchs des Erben nach § 2287 BGB einerseits und des Bereicherungsanspruchs des Pflichtteilsberechtigten nach § 2329 BGB andererseits: Der Bereicherungsanspruch des Erben besteht nur in Höhe seiner Beeinträchtigung. Hätte der Erblasser die Schenkung nicht vorgenommen, so befände sich der verschenkte Gegenstand noch im Nachlass und würde gem. § 2311 BGB der Pflichtteilsberechnung zugrunde gelegt.
Deshalb wird der Pflichtteilsergänzungsanspruch des Pflichtteilsberechtigten gegen den Beschenkten auf den Anspruch des Vertragserben angerechnet.
Auf diese Weise verbleibt dem Beschenkten so viel, dass er den Ergänzungspflichtteilsanspruch des Pflichtteilsberechtigten erfüllen kann, denn insofern ist der Beschenkte nicht entreichert.
dd) Der Pflichtteilsberechtigte setzt als Erster seinen Ergänzungsanspruch durch
Rz. 180
Sollte – umgekehrt – der Pflichtteilsberechtigte gegen den Beschenkten seinen Bereicherungsanspruch als Erster durchgesetzt haben, so steht auch in diesem Falle dem bindend eingesetzten Erben der Differenzbetrag in gleicher Weise zu, wie er ihm zugestanden ...