a) Rechtsfolgenverweisung
Rz. 62
Zielrichtung des Anspruchs ist die Herausgabe des geschenkten Gegenstands nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung. Lediglich der Umfang des Anspruchs ist durch die Bereicherungsvorschriften gekennzeichnet, weil es sich um eine Rechtsfolgenverweisung handelt. Kann der geschenkte Gegenstand selbst nicht mehr herausgegeben werden, so ist Wertersatz zu leisten, § 818 Abs. 2 BGB.
b) Kondiktionsgegenstand
aa) Leistungsgegenstand
Rz. 63
Alles was der Erblasser dem Beschenkten geleistet hat, ist grundsätzlich gegenständlich an den Vertragserben herauszugeben, bspw. Eigentum, Besitz, Unterhalt, Gebrauchsvorteile an Gegenständen wie etwa Kraftfahrzeug oder Wohnung, Schuldübernahme. Mit anderen Worten: Alles was Leistungsgegenstand sein kann, kann auch Gegenstand des Herausgabeanspruchs sein.
bb) Nutzungen
Rz. 64
Nutzungen, deren Begriff in § 100 BGB definiert ist, sind nach § 818 Abs. 1 BGB ebenfalls an den Vertragserben herauszugeben. Da der Hauptanspruch erst mit dem Erbfall entsteht, können nur diejenigen Nutzungen herausverlangt werden, die ab diesem Zeitpunkt vom Beschenkten gezogen wurden. Darunter fallen:
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Zinsen, |
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Erträge eines Grundstücks, |
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Erträge eines Betriebs, |
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Gebrauchsvorteile aus dem geschenkten Gegenstand. |
Rz. 65
Herauszugeben sind die tatsächlich gezogenen Nutzungen, nicht abstrakt mögliche Nutzungen. Umstritten ist, wie der Wert von Gebrauchsvorteilen zu ermitteln ist. Nach BGH soll der Wertverzehr maßgebend sein. Praktikabel erscheint, die übliche Vergütung, etwa eine ortsübliche Miete, anzunehmen. Dies entspräche der BGH-Rechtsprechung zu den "üblichen Zinsen". Ersparte Zinsaufwendungen unterliegen ebenfalls dem Herausgabeanspruch.
Die Kosten der Nutzziehung können nach § 102 BGB vom Beschenkten in dem dort genannten Rahmen geltend gemacht werden.
cc) Surrogate
Rz. 66
Dem Herausgabeanspruch unterliegen nach § 818 Abs. 1 BGB auch alle Surrogate des Schenkungsgegenstands, bspw. der Geldbetrag, der aufgrund der geschenkten Forderung eingezogen wurde, aber auch Schadensersatzansprüche, Versicherungsleistungen u.Ä. Auch die Nutzungen aus dem Surrogat sind herauszugeben.
dd) Wertersatz
Rz. 67
Nach § 818 Abs. 2 BGB ist Wertersatz zu leisten, wenn der geschenkte Gegenstand, sein Surrogat und/oder Nutzungen daraus nicht herausgegeben werden können. Maßgebend ist der objektive Wert, der in aller Regel dem Verkehrswert entspricht. Die Beweislast für den Wert trägt der Vertragserbe.
ee) Leistungsgegenstand bei gemischter Schenkung
Rz. 68
Hier kommt es darauf an, ob der Charakter der Unentgeltlichkeit überwiegt. In einem solchen Fall geht der Anspruch auf Herausgabe des verschenkten Gegenstands. Die erbrachte Gegenleistung ist zu erstatten. Überwiegt der Entgeltlichkeitscharakter, so besteht Anspruch auf Zahlung der Wertdifferenz zwischen dem Wert des zugewandten Gegenstands und dem Wert der tatsächlich erlangten Gegenleistung.
ff) Hinzuerwerb
Rz. 69
Grundsätzlich unterfällt auch nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten erworbenes Vermögen (der "Hinzuerwerb") der Bindungswirkung des § 2271 Abs. 2 BGB. Im Einzelfall kann die Auslegung jedoch zu einem anderen Ergebnis führen. Die Wechselbezüglichkeit der Einsetzung der Kinder des vorverstorbenen Ehegatten aus dessen erster Ehe als Schlusserben entfällt nicht allein deswegen, weil der überlebende Ehegatte erhebliches Vermögen von seiner Verwandtschaftsseite nach dem Tod des vorverstorbenen Ehegatten erhalten hat. Der überlebende Ehegatte ist jedoch dann zu einer neuen Verfügung befugt, wenn und soweit im Rahmen der ergänzenden Testamentsauslegung eine entsprechende Abänderungsbefugnis festgestellt werden kann. Hierbei ist sowohl hinsichtlich der Annahme als auch des Umfangs der Abänderungsbefugnis ein strenger Maßstab anzulegen. Ein Irrtum über die mit dem Tod des Erstversterbenden eintretende Bindungswirkung bei wechselbezüglichen Verfügungen stellt keinen zur Anfechtung berechtigenden Inhaltsirrtum dar.