Rz. 15
Am 1.1.2022 ist die neue Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV 2021) in Kraft getreten. Mit der neuen Verordnung soll stärker als bisher sichergestellt werden, dass die Bodenrichtwerte und auch die sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten bundesweit nach einheitlichen Grundsätzen ermittelt werden. Auch die Ermittlung der Verkehrswerte durch private Gutachter soll möglichst bundesweit nach diesen Grundsätzen erfolgen.
Bei Verkehrswertgutachten, die seit dem 1.1.2022 erstellt wurden, ist die neue ImmoWertV gem. § 53 ImmoWertV auch dann anzuwenden, wenn sie sich auf einen Stichtag beziehen, der vor dem 1.1.2022 liegt.
Die neue ImmoWertV trat an die Stelle der ImmoWertV 2010, die sich auf die Regelung allgemeiner Grundsätze für die Wertermittlung beschränkte. Detaillierte Regelungen zur Ermittlung des Bodenrichtwerts und der verschiedenen Wertermittlungsverfahren befanden sich bisher in einzelnen Richtlinien (Bodenrichtwertrichtlinie, Sachwertrichtlinie, Vergleichswertrichtlinie, Ertragswertrichtlinie).
Die zur ImmoWertV 2021 angekündigten Anwendungshinweise (ImmoWertVA) wurden bisher nicht veröffentlicht (Stand 1.2.2023).
Rz. 16
Die gesetzlichen Grundlagen für die Immobilienbewertung befinden sich in den §§ 192–199 BauGB. In § 194 BauGB ist die Definition des Verkehrswerts (Marktwerts) enthalten. In § 199 BauGB ist die Ermächtigung geregelt, nach der die Bundesregierung durch Rechtsverordnung "Vorschriften über die Anwendung gleicher Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte und die Ermittlung der für die Wertermittlung erforderlichen Daten einschließlich der Bodenrichtwerte" erlassen darf. Von dieser Ermächtigungsgrundlage hat die Bundesregierung mit der ImmoWertV Gebrauch gemacht. Insbesondere enthält die neue ImmoWertV jetzt verbindliche Vorgaben für die Gutachterausschüsse zur Ermittlung der für die Wertermittlung erforderlichen Daten“ (§ 193 Abs. 5 und § 196 BauGB). Durch die ImmoWertV soll eine Vereinheitlichung und Standardisierung der Grundstücksbewertung in Deutschland erreicht werden. Dies lag vor allem im Interesse der Finanzverwaltung, die die für die Grundstücksbewertung erforderlichen Daten von den Gutachterausschüssen übermittelt bekommt (§ 193 Abs. 5 BauGB).
Rz. 17
Drei Methoden kommen in Betracht:
▪ |
das Vergleichswertverfahren, |
▪ |
das Ertragswertverfahren, |
▪ |
das Sachwertverfahren. |
Rz. 18
Für eigengenutzte Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen dürfte im Regelfall die Sachwertmethode zum richtigen Ergebnis führen, bei Mietshäusern die Ertragswertmethode, weil es dabei für einen Interessenten auf die Verzinsung seines Kapitaleinsatzes ankommt. Aber auch Mischwerte aus Ertragswert und Sachwert kommen in Betracht.
BGH, Urt. v. 10.11.2010:
Zitat
"Fremdgenutzte Betriebsgrundstücke sind nach dem Ertragswertverfahren zu bewerten."
Diese Entscheidung ist zu Bewertungsfragen im Pflichtteilsrecht ergangen, sie dürfte aber von allgemeiner Bedeutung sein.
Rz. 19
Wird ein Grundstück zeitnah zum Erbfall veräußert, so ist der Verkaufserlös maßgebend.
Rz. 20
Zur Wertermittlung entschied der BGH im Urt. v. 2.7.2004:
Zitat
"Die Auswahl der geeigneten Wertermittlungsmethode steht nach der Rechtsprechung, wenn das Gesetz nicht, wie in § 1376 Abs. 4 BGB (Wert eines landwirtschaftlichen Betriebs im Zugewinnausgleich), die Anwendung eines bestimmten Verfahrens anordnet, im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters (…). In den vom Berufungsgericht herangezogenen Entscheidungen hat der Senat die Anwendung der Ertragswertmethode auf die dort zu beurteilenden, auf laufende Ertragserzielung eingerichteten Objekte für unbedenklich erachtet (…). Wie auch in anderen Fällen, in denen die Bemessung nach Vergleichswerten, Sachwerten oder dem Ertrag rechtlich zu keinen Beanstandungen geführt hat (…), hat der Bundesgerichtshof die Tatsacheninstanzen aber nicht auf eine bestimmte, etwa die in den entschiedenen Fällen angewandte, Wertermittlungsmethode festgelegt. Der Senat ist in der Entscheidung vom 12.1.2001 davon ausgegangen, daß die Wertermittlungsverordnung 1988 (WertV 1988) über die Zwecke des Baugesetzbuches hinaus allgemein anerkannte Grundsätze der Ermittlung des Verkehrswertes von Grundstücken enthalte. Die von der Wertermittlungsverordnung aufgegriffenen Ermittlungsmethoden sind nach der Wertung des Verordnungsgebers grundsätzlich gleichrangig (…). Sie können unter Beachtung der Grundsätze eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens (§§ 1 ff. WertV 88) bei fachgerechter Erhebung der erforderlichen Daten (§§ 8 ff. WertV 88) einzeln oder kombiniert angewandt werden (§ 7 Abs. 1 WertV 88). Keine der Schätzmethoden verdrängt bei bestimmten Bewertungsgegenständen, etwa bei Renditeobjekten die Ertragswertmethode, von vornherein die anderen Ermittlungsverfahren. Die Methodenwahl ist nach der Art des Gegenstandes unter Berücksichtigung der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bestehenden Gepflogenheiten und sonstiger Umstände des Einzelfalles zu treffen; sie ist zu begründen (§ 7 Abs. 2 WertV 8...