1. Allgemeines
Rz. 5
Nach der BGH-Rechtsprechung geht es um eine Missbrauchskorrektur. Dabei wird eine Abwägung vorgenommen zwischen den Erbaussichten des (Vertrags-) oder Testaments-Erben und den Interessen des Erblassers an einer gerechtfertigten Verfügung zu seinen Lebzeiten. Weiter muss eine objektive Beeinträchtigung der Position des Vertragserben hinzukommen. Voraussetzungen für das Bestehen eines bereicherungsrechtlichen Herausgabeanspruchs nach § 2287 BGB sind:
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Verfügung durch Schenkung, |
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objektive Beeinträchtigung, |
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Beeinträchtigungsabsicht, |
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Missbrauch der Verfügungsfreiheit. |
Rz. 6
Hatte der Erblasser ein lebzeitiges Eigeninteresse an der Verfügung unter Lebenden, so scheidet ein Anspruch nach § 2287 BGB aus (vgl. hierzu Rdn 56 ff.). Nach ständiger Rechtsprechung besteht ein solches lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers,
Zitat
"wenn nach dem Urteil eines objektiven Beobachters die Beweggründe des Erblassers in Anbetracht der gegebenen Umstände so sind, dass der erbvertraglich Bedachte sie anerkennen und seine Benachteiligung durch die Verfügung des Erblassers hinnehmen muss".
OLG Hamm:
Zitat
"… Bejaht wird ein lebzeitiges Eigeninteresse etwa bei der Erfüllung einer sittlichen Pflicht des Erblassers aufgrund besonderer Leistungen, Opfern oder Versorgungszusagen, die der Beschenkte für den Erblasser erbracht hat. Insbesondere kann ein lebzeitiges Eigeninteresse anzunehmen sein, wenn die Schenkung dem Bemühen des Erblassers entspringt, seine Altersvorsorge und Pflege zu sichern. Geboten ist jedoch stets eine umfassende Abwägung der Interessen im Einzelfall. Schenkungen, die jedes vernünftige Maß überschreiten, sind nicht gerechtfertigt. Die Annahme eines lebzeitigen Eigeninteresses scheidet aus, wenn der Erblasser die Zuwendungen wesentlicher Vermögenswerte in erster Linie aufgrund eines auf Korrektur der Verfügung von Todes wegen gerichteten Sinneswandels vornimmt."
Das OLG Frankfurt schränkt aber ein:
Zitat
"Will der Erblasser die in einer bindend gewordenen Verfügung von Todes wegen enthaltene Vermögensverteilung nachträglich anders regeln, ohne dass sich die tatsächlichen Umstände seit Errichtung der Verfügung geändert haben, so fehlt in der Regel das eine Schenkung zum Nachteil des Bedachten rechtfertigende lebzeitige Eigeninteresse (BGHZ 59, 343 = NJW 1973, 240), wenn andere Motive des Erblassers nicht durchschlagen."
2. Verfügung durch Schenkung
a) Schenkungsbegriff
Rz. 7
Der Erblasser muss durch Schenkung verfügt haben. Der Schenkungsbegriff ist derselbe wie bei § 516 BGB, d.h. objektive und subjektive Unentgeltlichkeit müssen vorliegen. Bei Schenkungen, die einer sittlichen Pflicht oder einer Anstandspflicht entsprechen, § 534 BGB, wird man nicht von einem Missbrauch i.S.v. § 2287 BGB sprechen können; ebenso nicht bei Schenkungen aus persönlichen Rücksichten.
Eine Anstandsschenkung, die nicht zu einem Anspruch nach § 2287 BGB führt, kann auch sehr hochwertig sein.
b) Gemischte Schenkung
Rz. 8
Auch gemischte Schenkungen können Ansprüche nach § 2287 BGB auslösen. Bei einer gemischten Schenkung müssen sich die Vertragsparteien (des Schenkungsvertrags) über die teilweise Unentgeltlichkeit einig gewesen sein. Von praktischer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die Fälle der "belohnenden Schenkung". Davon spricht man, wenn der Beschenkte Vorleistungen erbracht hat, etwa durch Dienste im Haus/Geschäft oder durch Pflege des Schenkers. Das OLG Düsseldorf und auch der BGH nennen solche Vorleistungen "vorweggenommene Erfüllungshandlung". Entscheidend für die subjektive Seite einer ganz oder teilweise unentgeltlichen Zuwendung ist der Parteiwille. Der Rechtsgestalter sollte sich deshalb intensiv mit der Problematik und dem zugrunde liegenden Sachverhalt auseinandersetzen. Nach der BGH-Rechtsprechung kann der Erblasser ein zunächst als unentgeltlich definiertes Rechtsgeschäft durch einseitige Erklärung nachträglich in ein voll entgeltliches Rechtsgeschäft umwandeln. Dies ist sogar testamentarisch möglich.
Rz. 9
Zur Bewertung eines Wohnungsrechts und zur Abgrenzung eines Vertrags, durch den ein Erblasser sein Eigentum an einem Hausgrundstück gegen Rentenzahlungen und Einräumung eines Wohnungsrechts überträgt, von einem Schenkungsvertrag siehe Rdn 27.
c) Bewertung der Gegenleistung
aa) Subjektive Äquivalenz
Rz. 10
Die Frage der Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit ei...