I. Tod einer Vertragspartei nach Auflassung, aber vor Eigentumseintragung
Rz. 60
Stirbt bei einem Veräußerungsvorgang eine Vertragspartei nach Erklärung der Auflassung, aber vor Eintragung des Erwerbers im Grundbuch, so hat dies keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Auflassung, § 130 Abs. 2 BGB. Beim Tod des Grundstücksveräußerers handelt es sich nicht um einen Verlust der Verfügungsbefugnis i.S.d. § 878 BGB. Entscheidend ist nur der Zeitpunkt der Abgabe der Auflassungserklärung als Willenserklärung. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Auflassungserklärung dem Grundbuchamt bereits vor dem Tode des Veräußerers zugegangen ist. Die Auflassung ist bindend geworden. Die Bindungswirkung wirkt sich auch auf die Erben aus, die nicht mehr widerrufen können, § 873 Abs. 2 BGB.
Rz. 61
Um die vom Erblasser abgegebene Auflassungserklärung durch Eigentumsumschreibung auf den Erwerber in das Grundbuch vollziehen zu können, bedarf es weder der vorherigen Eintragung der Erben des Veräußerers noch deren Eintragungsbewilligung oder Zustimmung, § 40 Abs. 1 GBO. Sollten zwischenzeitlich die Erben des Veräußerers im Grundbuch eingetragen worden sein, so genügt trotzdem die Eintragungsbewilligung des Erblassers – die in der Auflassungserklärung selbst gesehen werden kann – zur Umschreibung des Eigentums an einem Grundstück auf den Erwerber. Antragsteller für die Eigentumsumschreibung nach § 13 Abs. 1 GBO ist in der Regel ohnehin der Erwerber, weil er an der Eintragung interessiert ist. Als Nachweis der Einigung nach § 20 GBO bzw. der Bewilligung nach § 19 GBO ist eine Ausfertigung der Auflassungserklärung vorzulegen.
Rz. 62
Den Antrag auf Eigentumsumschreibung wird in der Regel der beurkundende Notar beim Grundbuchamt einreichen, § 15 GBO, § 53 BeurkG.
Rz. 63
Anders ist es allerdings, wenn der Erwerber nach Erklärung der Auflassung stirbt. Erfährt das Grundbuchamt davon nichts (es braucht insoweit keine Ermittlungen anzustellen), kann es, ohne dass es deshalb eine Rechtsverletzung begeht, den verstorbenen Erwerber noch als Eigentümer im Grundbuch eintragen.
Rz. 64
Wird der Tod dem Grundbuchamt jedoch noch vor der Eintragung bekannt, so darf der verstorbene Erwerber nicht mehr als Eigentümer im Grundbuch eingetragen werden, weil das Grundbuchamt das Grundbuch nicht wissentlich unrichtig machen darf. Nach § 1922 BGB sind an die Stelle des Erwerbers seine Erben getreten in der Rechtsposition, die der Erblasser selbst innehatte.
Rz. 65
Die Auflassung ist nach § 873 Abs. 2 BGB für beide Vertragsparteien bindend geworden. Der Erbe oder die Erben sind (in Erbengemeinschaft) als Eigentümer und Rechtsnachfolger des Erwerbers im Grundbuch einzutragen. Sie haben ihr Erbrecht in der Form des § 35 GBO nachzuweisen. Einer Zwischeneintragung des verstorbenen Erblassers bedarf es nicht, sie wäre sogar unzulässig.
Rz. 66
Da die Erben in die Rechtsposition des Erblassers eingetreten sind, bedarf es keiner besonderen Auflassung zugunsten der Erben des Erwerbers. Den (lediglich schriftlichen) Antrag auf Eintragung der Erben als neue Eigentümer (§ 13 GBO) können entweder alle Erben gemeinsam oder jeder einzelne von ihnen ohne Zustimmung der anderen stellen.
Rz. 67
Wird der verstorbene Erwerber als Eigentümer im Grundbuch eingetragen, so ist diese Eintragung weder materiell unwirksam noch inhaltlich unzulässig. Es handelt sich lediglich um eine unzutreffende Bezeichnung des wirklichen Eigentümers.
II. Mehrere zeitlich aufeinander folgende Berichtigungen des Grundbuchs nach Erteilung und nachfolgender Einziehung des Ersterbscheins und Neuerteilung eines Zweiterbscheins
1. Erstberichtigung des Grundbuchs
Rz. 68
Nach Eintritt des Erbfalls kann eine Grundbuchberichtigung vorgenommen worden sein, die sich nachträglich als nicht richtig herausstellt, weil bspw. ein unrichtiger Erbschein aufgrund eines ungültigen Testaments erteilt worden war.
Rz. 69
Fall
Erblasser E hat ein Testament hinterlassen, wonach A zum Alleinerben eingesetzt wurde; die Kinder K1 und K2 sind enterbt und deshalb lediglich pflichtteilsberechtigt. A erhält vom Nachlassgericht einen Erbschein über sein Alleinerbrecht und lässt sich im Wege der Grundbuchberichtigung als Alleineigentümer des Grundbesitzes des Erblassers im Grundbuch eintragen.
Danach erfahren K1 und K2 von Umständen über den Gesundheitszustand des Erblassers, die nach ihrer Meinung den Schluss zulassen, der Erblasser sei im Zeitpunkt der Testamentserrichtung testierunfähig gewesen und sie seien deshalb gesetzliche Erben geworden. Sie beantragen beim Nachlassgericht die Einziehung des für A erteilten Erbscheins und die Neuerteilung eines Erbscheins, wonach sie beide je zur Hälfte gesetzliche Erben geworden sind.
Im Grundbuch muss nunmehr die auf A vorgenommene Grundbuchberichtigung beseitigt und es müssen K1 und K2 – wiederum im Wege der Grundbuchberichtigung – als Eigentümer eingetragen werden. Dazu legen K1 und K2 je eine Ausfertigung des Erbscheinseinziehungsbeschlusses und des neuen Erbscheins vor. Alle Ausfertigungen des ersten – unrichtigen – Erbscheins müssen vom Nachlassgericht zurückgefordert werden.
Rz. 70
Formulierungsbeispiel: Grundbuchberichtigungsantrag aufgrund neu erteilten Erbscheins nach Einziehung des ersten Erbscheins
An das
Amtsgericht
– Grundbuchamt –
(…)
Grund...