Dipl.-Betriebsw. Thomas Markert, Christopher Üink
a) Regelung zum Versicherungsort
Rz. 37
Der räumliche Geltungsbereich für den Eintritt des Sachschadens wird durch die Norm des § 4 FBUB 2010 A bestimmt. Als Versicherungsort gelten demnach die im Versicherungsvertrag bezeichneten Gebäude oder Räume von Gebäuden oder die als Versicherungsort bezeichneten Grundstücke. Übereinstimmend mit der herrschenden Meinung in der Literatur gilt auch im Rahmen der FBUV der in der Sachversicherung allgemein geltende Grundsatz, dass nicht auch die versicherte Gefahr am Versicherungsort eintreten muss, sondern nur der versicherte Schaden. Somit muss lediglich die dem Betrieb dienende Sache an dem Versicherungsort zerstört, beschädigt oder abhanden gekommen sein.
Beispiel
Im örtlichen Umspannwerk des Stromversorgers kommt es infolge einer Explosion zur Versorgungsstörung und einem zwischenzeitlichen Stromausfall im Betrieb der Versicherungsnehmerin, welche vollsynthetische Garne aus Polyamid herstellt. Der durch die Explosion entstandene Stromausfall führt zu drastischem Temperaturverlust in den einzelnen Polymersystemen und anschließend zu einer Vercrackung der polymeren Schmelzmassen in den Produktionsanlagen. Der entstandene Sachschaden macht umfangreiche Reparaturmaßnahmen erforderlich, die zu einer Betriebsunterbrechung mit anschließendem Ertragsausfall führen.
Klarstellend und dem Harmonisierungsgedanken mit den AFB 2010 entsprechend, gilt die Beschränkung auf den Versicherungsort nicht, wenn Sachen infolge eines eingetretenen oder unmittelbar bevorstehenden Versicherungsfalls aus dem Versicherungsort entfernt worden sind.
b) Deckungserweiterungen zum Versicherungsort
Rz. 38
Beginnend mit der Einführung der FBUB 2008 sind die ZFBUB entfallen, so dass der räumliche Geltungsbereich des Versicherungsschutzes über die im Versicherungsschein genannten Betriebsstellen hinaus nunmehr mit den nachstehenden Klauseln erweitert werden kann. So können neu hinzukommende Betriebsgrundstücke (Kl. 8401), weitere Versicherungsorte (Kl. 8402) sowie Anschlussgleise und Wasserstraßenanschlüsse (Kl. 8405) in den Versicherungsschutz integriert werden.
Rz. 39
Der versicherte Betrieb ist kein autarkes Gebilde, sondern insbesondere über den Beschaffungs- und Absatzmarkt mit anderen Wirtschaftseinheiten verbunden und kann auch durch außerbetriebliche Faktoren in seiner Leistungserstellung beeinträchtigt werden. Einen besonderen Stellenwert nehmen in diesem Zusammenhang die sog. Rückwirkungsschäden ein, die von den versicherten Wechselwirkungsschäden (siehe Rdn 43) zu unterscheiden sind. Unter Rückwirkungsschäden versteht man die schadenbedingten Auswirkungen aufgrund eines Sachschadens in einem fremden Unternehmen auf das versicherte Unternehmen, ohne dass es im versicherten Unternehmen selbst zu einem Sachschaden gekommen ist. Kennzeichnend für den Rückwirkungsschaden ist also die für die Leitungserstellung und -verwertung des versicherten Betriebs bestehende Abhängigkeit zu anderen Unternehmen. Für die Mitversicherung dieser Rückwirkungsschäden bedarf es im Rahmen der FBUB 2010 einer zusätzlichen Vereinbarung in Form von Klauseln, die zwischen dem Abnehmerrisiko (Klausel 8404) sowie dem Zuliefererrisiko (Klausel 8403) unterscheiden und zusammenfassend mit folgender Definition verbunden sind:
In Erweiterung von § 4 FBUB 2010 A kann sich der Sachschaden nach § 2 FBUB 2010 A auch auf einem (im Versicherungsschein dokumentierten) Betriebsgrundstück eines mit dem Versicherungsnehmer durch Zulieferung/Abnahme von Produkten in laufender Geschäftsverbindung stehenden Unternehmens (Zulieferer/Abnehmer) ereignen. Dies gilt jedoch, sofern nichts anderes vereinbart ist, nur für Grundstücke innerhalb der Bundesrepublik Deutschland.
Den Klauseln folgend muss der Sachschaden auf einem Betriebsgrundstück des Zulieferers/Abnehmers entstanden sein; sofern das Abnehmerrisiko versichert ist, kommt als zusätzliches Erfordernis hinzu, dass dieses im Versicherungsschein dokumentiert und der Abnehmer folglich genannt werden muss, damit Versicherungsschutz besteht.
Vereinzelt sind jedoch Klauseln von Marktteilnehmern zu finden, die keine räumliche Beschränkung auf das Betriebsgrundstück des Zulieferers/Abnehmers vorsehen, welches zu einer weiteren Ausdehnung des örtlichen Geltungsbereiches zum Sachschaden und somit zu einer erweiterten Deckung des Rückwirkungsschadenrisikos führt.
Gleichwohl muss es sich stets um eine durch Zulieferung/Abnahme von Produkten bestehende Geschäftsverbindung handeln. In diesem Zusammenhang gilt es im ersten Schritt zu klären, wie der Begriff Produkt mit dem Wortverständnis des durchschnittlichen Unternehmers im Einklang steht, da sich bei Spezialversicherungen, wozu die Betriebsunterbrechungsversicherung zählt, nach dem Verständnis der beteiligten Kreise richtet, also dem Verständnis, wie es in Unternehmerkreisen zu erwarten ist.