Dipl.-Betriebsw. Thomas Markert, Christopher Üink
a) Adäquate Kausalität
Rz. 60
Wie in der Feuersachversicherung wird auch in der FBUV die Schadenszurechnung zunächst von der Äquivalenztheorie bestimmt. Zur Einschränkung der conditio sine qua non-Formel tritt die Adäquanztheorie als stetiges Zurechnungskriterium hinzu und kann durch den Schutzzweck der Norm ergänzt werden.
Rz. 61
Der Versicherungsfall der Feuer-Betriebsunterbrechungs-Versicherung und der damit notwendige adäquate Kausalzusammenhang zwischen den versicherten Gefahren und dem versicherten Ereignis Ertragsausfall fordert im Rahmen der FBUB gleichwohl mehrere Ereignisglieder, so dass die Voraussetzung für das Leistungsversprechen des Versicherers an die Erfüllung folgender Kausalkette geknüpft ist:
Versicherte Gefahren |
↓ |
Sachschaden |
↓ |
Betriebsunterbrechung |
↓ |
Leistungsrückgang und Ertragsausfall |
Rz. 62
So ist beispielsweise die Ereigniskette unterbrochen, wenn der Betrieb des Versicherungsnehmers unterbrochen wird und es zum Ertragsausfall kommt, da infolge einer Überschwemmung in der Region des Versicherungsnehmers keine Rohstofflieferung an den Versicherungsnehmer stattfinden konnte. Es fehlt hier an der Zwischenursache Sachschaden an einer dem Betrieb dienenden Sache auf dem Versicherungsort. Keine Ersatzpflicht besteht auch, wenn potenzielle Kunden die Lieferunfähigkeit eines Versandhandels unbegründet unterstellen und daher Bestellungen unterlassen, auch wenn dies mögliche Folge eines versicherten Sachschadens sein kann; so fehlt es hier schon an der notwendigen Zwischenursache der Betriebsunterbrechung.
Rz. 63
Die Auswirkungen eines Ertragsausfalls erfordern neben der Ursächlichkeit auch eine Prüfung der Adäquanz. Im Fall des Versandhandels ist ein adäquater Kausalzusammenhang zu bejahen, wenn Kunden während und grundsätzlich infolge einer vorübergehenden und tatsächlichen Lieferunfähigkeit verloren gehen. Ein außergewöhnliches Ereignis sind nach Auffassung des BGH Kundenverluste, die trotz Vorliegen einer Betriebsunterbrechung auf in wesentlichen Punkten unrichtiger und falscher Berichterstattung der Medien basieren.
b) Überholende Kausalität
Rz. 64
Im Rahmen des gedehnten Versicherungsfalls der FBUB müssen auch hypothetische Ursachen mit in die Bewertung einbezogen werden. Gemäß § 6 Nr. 1 a S. 2 FBUB 2010 A sind alle zusätzlichen Ereignisse zu berücksichtigen, die bei Eintritt des Versicherungsfalls bestehen und während des Schadenfalls eingetreten wären und die auch ohne Versicherungsfall Einfluss auf die Betriebstätigkeit genommen hätten.
Auszuschließen sind somit Zeiträume, die auch ohne den Versicherungsfall den ungestörten Produktionsablauf beeinflusst hätten, wie z.B.
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Streik/Aussperrung |
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Wartung/Revisionen |
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Betriebsferien/Feiertage. |
Diese Zeiten sind bei der Dauer des Unterbrechungsschadens sodann auszugliedern und bei der Ermittlung der Entschädigungsleistung in Abzug zu bringen. In diesem Zusammenhang handelt es sich um Fälle der überholenden Kausalität. Dies steht im Gegensatz zu den AVB der Sachsubstanzversicherung, in denen bei der Feststellung der Kausalität keine hypothetischen Ursachen berücksichtigt werden dürfen. Nur in Ausnahmefällen gilt dies jedoch nicht: Ist die beschädigte Sache im Versicherungsfall bereits völlig entwertet, da z.B. ein Abbruch des Gebäudes im Versicherungsfall unwiderruflich und endgültig feststeht, so ist dies bei der Ermittlung des Versicherungswertes im Sach-Schadenfall zu berücksichtigen.
c) Haftungsbeschränkungen
Rz. 65
Der Versicherer will seine Haftung eingrenzen und bestimmte nach Eintritt des Versicherungsfalls eingetretene Ereignisse vom Versicherungsschutz ausschließen. Gemäß § 1 Nr. 2 b FBUB 2010 A haftet der Versicherer nicht für Ertragsausfallschäden, die vergrößert werden
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durch außergewöhnliche, während der Unterbrechung oder Beeinträchtigung hinzutretende Ereignisse; |
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durch behördliche Wiederaufbau- oder Betriebsbeschränkungen; |
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durch den Umstand, dass dem Versicherungsnehmer zur Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung zerstörter, beschädigter oder abhandengekommener Sachen, Daten und Programme nicht rechtzeitig genügend Kapital zur Verfügung steht. |
Rz. 66
Wirft man in diesem Zusammenhang einen vergleichenden Blick auf die FBUB 55, stellt man fest, dass die ausgeschlossenen Ereignisse zunächst im Wesentlichen deckungsgleich erscheinen, die FBUB 55 aber gem. § 3 Abs. 2 S. 1 vorsehen, dass die Haftungsbeschränkungen nur berücksichtigt werden müssen, wenn sie zu einer erheblichen Vergrößerung des Ertragsausfallschadens führen. Dies hat in der Beurteilung der Bestimmung vereinzelt Probleme aufgeworfen, da mit dem zusätzlic...