Dipl.-Betriebsw. Thomas Markert, Christopher Üink
Rz. 38
Beginnend mit der Einführung der FBUB 2008 sind die ZFBUB entfallen, so dass der räumliche Geltungsbereich des Versicherungsschutzes über die im Versicherungsschein genannten Betriebsstellen hinaus nunmehr mit den nachstehenden Klauseln erweitert werden kann. So können neu hinzukommende Betriebsgrundstücke (Kl. 8401), weitere Versicherungsorte (Kl. 8402) sowie Anschlussgleise und Wasserstraßenanschlüsse (Kl. 8405) in den Versicherungsschutz integriert werden.
Rz. 39
Der versicherte Betrieb ist kein autarkes Gebilde, sondern insbesondere über den Beschaffungs- und Absatzmarkt mit anderen Wirtschaftseinheiten verbunden und kann auch durch außerbetriebliche Faktoren in seiner Leistungserstellung beeinträchtigt werden. Einen besonderen Stellenwert nehmen in diesem Zusammenhang die sog. Rückwirkungsschäden ein, die von den versicherten Wechselwirkungsschäden (siehe Rdn 43) zu unterscheiden sind. Unter Rückwirkungsschäden versteht man die schadenbedingten Auswirkungen aufgrund eines Sachschadens in einem fremden Unternehmen auf das versicherte Unternehmen, ohne dass es im versicherten Unternehmen selbst zu einem Sachschaden gekommen ist. Kennzeichnend für den Rückwirkungsschaden ist also die für die Leitungserstellung und -verwertung des versicherten Betriebs bestehende Abhängigkeit zu anderen Unternehmen. Für die Mitversicherung dieser Rückwirkungsschäden bedarf es im Rahmen der FBUB 2010 einer zusätzlichen Vereinbarung in Form von Klauseln, die zwischen dem Abnehmerrisiko (Klausel 8404) sowie dem Zuliefererrisiko (Klausel 8403) unterscheiden und zusammenfassend mit folgender Definition verbunden sind:
In Erweiterung von § 4 FBUB 2010 A kann sich der Sachschaden nach § 2 FBUB 2010 A auch auf einem (im Versicherungsschein dokumentierten) Betriebsgrundstück eines mit dem Versicherungsnehmer durch Zulieferung/Abnahme von Produkten in laufender Geschäftsverbindung stehenden Unternehmens (Zulieferer/Abnehmer) ereignen. Dies gilt jedoch, sofern nichts anderes vereinbart ist, nur für Grundstücke innerhalb der Bundesrepublik Deutschland.
Den Klauseln folgend muss der Sachschaden auf einem Betriebsgrundstück des Zulieferers/Abnehmers entstanden sein; sofern das Abnehmerrisiko versichert ist, kommt als zusätzliches Erfordernis hinzu, dass dieses im Versicherungsschein dokumentiert und der Abnehmer folglich genannt werden muss, damit Versicherungsschutz besteht.
Vereinzelt sind jedoch Klauseln von Marktteilnehmern zu finden, die keine räumliche Beschränkung auf das Betriebsgrundstück des Zulieferers/Abnehmers vorsehen, welches zu einer weiteren Ausdehnung des örtlichen Geltungsbereiches zum Sachschaden und somit zu einer erweiterten Deckung des Rückwirkungsschadenrisikos führt.
Gleichwohl muss es sich stets um eine durch Zulieferung/Abnahme von Produkten bestehende Geschäftsverbindung handeln. In diesem Zusammenhang gilt es im ersten Schritt zu klären, wie der Begriff Produkt mit dem Wortverständnis des durchschnittlichen Unternehmers im Einklang steht, da sich bei Spezialversicherungen, wozu die Betriebsunterbrechungsversicherung zählt, nach dem Verständnis der beteiligten Kreise richtet, also dem Verständnis, wie es in Unternehmerkreisen zu erwarten ist. Die BWL subsumiert unter den Begriff Produkt: Sachgüter, Dienstleistungen und Energieleistungen, so dass beispielsweise auch Medien wie Strom oder Gas als Produkt zu klassifizieren sind und deren Ausfall einen ersatzpflichtigen Rückwirkungsschaden auslösen kann.
Abschließend und von besonderer Bedeutung ist die Voraussetzung, dass nur der Ausfall des direkten Zulieferers bzw. Abnehmers des Versicherungsnehmers in den Versicherungsschutz eingeschlossen ist, der also im Rahmen der Lieferkette ein unmittelbar mit ihm verbundenes Glied darstellt und somit als in laufenden Geschäftsbeziehungen stehender Zulieferer/Abnehmer identifiziert werden kann.
Die Praxis umschreibt diese Konstellation oftmals mit der Bezeichnung: Zulieferer/Abnehmer der 1. Ebene.
Die Mitversicherung von Zulieferern/Abnehmern der 2. Ebene war für einige Jahre insbesondere im Industrie-Geschäft als Sondervereinbarung vereinzelt anzutreffen, wird jedoch inzwischen von den Versicherern wieder deutlich restriktiver gehandhabt.
Denn Rückwirkungsschäden bergen aus Sicht des Versicherers ein erhebliches Kumulrisiko in sich, da ein Produktionsbetrieb Zulieferer für eine Vielzahl von Betrieben sein kann und dessen Ausfall ganze Produktionsketten zusammenbrechen lassen kann, wie z.B. in der Automobilbranche. Auch aus diesem Grund werden die Rückwirkungsschäden mit einer gesonderten Höchstentschädigung begrenzt. Dabei wird sowohl nach Zulieferer- und Abnehmerrisiko differenziert als auch dem Umstand, ob diese Fremdbetriebe im Versicherungsschein benannt sind oder über eine Vorsorge-Deckung für unbenannte Zulieferer/Abnehmer versichert werden. Auch die räumliche Lage – befindet sich der Zulieferer/Abnehmer innerhalb Deutschlands, Europas oder im Rest der Welt – führt zu unterschiedlichen Entschädigungsgrenzen.
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