Dipl.-Betriebsw. Thomas Markert, Christopher Üink
1. Grundsätzliches
Rz. 129
Die Feuer-Betriebsunterbrechungs-Versicherung ist eine Vollwertversicherung. Somit ist zur Berechnung der Entschädigung auch das Verhältnis der Versicherungssumme zum Versicherungswert zu berücksichtigen; ist nämlich bei Eintritt des Sachschadens die Versicherungssumme niedriger als der Versicherungswert, so wird gem. § 6 Nr. 2a FBUB 2010 A nur der Teil des Schadens ersetzt, der sich zum ganzen Schaden verhält wie die Versicherungssumme zu dem Versicherungswert (vgl. Rdn 95).
Es ergibt sich aus vertraglichen Regelungen folgende Entschädigungsformel:
Kritisch wird die Frage beurteilt, ob auch die Sanktionen des § 9 Nr. 2 FBUB 2010 A, die sich wegen schuldhafter Falschmeldung im Rahmen der Prämienrückgewähr ergeben, für die Entschädigungsberechnung zu berücksichtigen sind (vgl. Rdn 99).
2. Zahlung der Entschädigung
Rz. 130
Steht die Ersatzpflicht sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach fest, so wird auch die Entschädigung gem. § 7 Nr. 1 FBUB 2010 A fällig.
Die Regelung zu den Verzugszinsen ergibt sich aus § 7 Nr. 2 FBUB 2010 A, die Hemmung der Fristen infolge des Verschuldens des Versicherungsnehmers nach § 7 Nr. 3 FBUB 2010 A und § 7 Nr. 4 FBUB 2010 A beschreibt die Gründe, aus welchen der Versicherer die Entschädigungszahlung aufschieben kann.
In der Praxis wird von der in § 7 Nr. 1 Abs. 2 FBUB 2010 A gegebenen Möglichkeit zur vorzeitigen Zahlung von Abschlägen auf die mindestens feststehende Entschädigungsleistung reger Gebrauch gemacht.
Rz. 131
Die Entschädigungsleistungen aus der Feuer-Betriebsunterbrechungs-Versicherung für den nicht erwirtschafteten Gewinn und den fortlaufenden Kosten sind als Betriebseinnahmen zu deklarieren und unterliegen gem. § 24 Abs. 1 Nr. 1 a EStG der Besteuerung. Nicht unter die Steuerpflicht fällt jedoch der Teil der Entschädigungsleistung, der einzig aufgrund von Schadenminderungsmaßnahmen für die Beschleunigung der Wiederbeschaffung der zerstörten Anlagen gezahlt wurde; diese (Ersatz-) Leistung des Versicherers kann in der Rücklage für Ersatzbeschaffungen (RfE) berücksichtig werden.
3. Fallbeispiel
Rz. 132
Das Grundmodell zur Schadensermittlung wird anhand des folgenden Fallbeispiels dargestellt:
Sachverhalt: Der Versicherungsnehmer produziert auftrags- und terminbezogen Streuscheiben (Scheinwerferglas) für Zulieferer der Automobilindustrie. Es ist eine Glaswanne vorhanden, aus der die zehn Pressen der Fertigung mit Schmelze versorgt werden. Am 1.4.2023 wird die Trafostation (Mittelspannungseinspeisung) durch Blitzschlag und den anschließenden Brand stark beschädigt. Durch den Ausfall der Energieversorgung steht die gesamte Fertigung still. Es wird mit einer Reparaturdauer von sechs Wochen gerechnet. Der Produktionsausfall in dieser Zeit führt zu einem Umsatzausfall von 390.000 EUR (je Woche im Mittel 65.000 EUR).
Aus der Gewinn- und Verlustrechnung des Geschäftsjahres 2022 ergibt sich nachstehender versicherter Anteil:
1. Erträge |
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– Umsatzerlöse |
3.380.000 EUR |
100,0 % |
2. Nicht versicherte Kosten |
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– Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe |
1.100.000 EUR |
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– Verbrauchssteuern |
50.000 EUR |
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– Umsatzabhängige Versicherungsprämie |
30.300 EUR |
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– Lizenzgebühren |
77.060 EUR |
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– Gesamt |
1.257.360 EUR |
37,2 % |
3. Versicherter Anteil |
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– Löhne, Gehälter, soziale Aufwendungen, Abschreibungen |
1.808.200 EUR |
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– Gewinn |
314.440 EUR |
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– Gesamt |
2.122.640 EUR |
62,8 % |
Für das Geschäftsjahr 2023 wird eine unveränderte Kosten- und Ertragssituation unterstellt.
Variante 1 (Schadenberechnung): Durch Überstunden und Nachtschichten konnte die Reparaturdauer um eine Woche verkürzt werden. Dabei entstand ein zusätzlicher Aufwand von 14.000 EUR.
Umsatzausfall 5 Wochen (5 × 65.000 EUR) |
325.000 EUR |
× versicherter Anteil von 62,8 % |
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Bruttoausfallschaden |
= 204.100 EUR |
Ersparte Abschreibungen |
2.500 EUR |
Nettoausfallschaden |
201.600 EUR |
zuzüglich Schadenminderungskosten |
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(Überstunden- und Nachtzuschläge) |
14.000 EUR |
Betriebsunterbrechungsschaden i.S.d. FBUB 2010 |
= 215.600 EUR |
Variante 2 (Schadenberechnung): Es kann eine Leihtrafostation beschafft werden. Der Mietpreis beträgt 5.000 EUR je Woche. Der Aufwand für die provisorische Verkabelung und den Rückbau des Provisoriums nach beendeter Reparatur beträgt 17.000 EUR. Durch diese Maßnahmen konnte der Produktionsausfall auf eine Woche begrenzt werden.
Umsatzausfall 1 Woche |
65.000 EUR |
× versicherter Anteil von 62,8 % |
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Bruttoausfallschaden |
= 40.820 EUR |
Ersparte Abschreibungen |
500 EUR |
Nettoausfallschaden |
40.320 EUR |
zuzüglich Schadenminderungskosten |
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– provisorische Verkabelung/Rückbau |
17.000 EUR |
– Leihtrafo (6 Wochen × 5.000 EUR) |
30.000 EUR |
Betriebsunterbrechungsschaden i.S.d. FBUB 2010 |
= 87.820 EUR |