Rz. 4

Das Insolvenzverfahren wird nicht von Amts wegen, sondern nur auf schriftlichen Antrag eröffnet. Antragsberechtigt sind die Gläubiger und der Schuldner, § 13 Abs. 1 InsO.

Zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens kommt es nur dann, wenn ein Insolvenzgrund gem. §§ 17, 18 oder 19 InsO vorliegt (siehe Rdn 10 ff.). Im Falle des Eigenantrags kann dies neben der bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit auch die drohende Zahlungsunfähigkeit sein. Bei einer juristischen Person ist außerdem die Überschuldung ein Eröffnungsgrund.

a) Antragsrecht

 

Rz. 5

Antragsberechtigt ist jede natürliche Person, die bereits zahlungsunfähig ist oder deren Zahlungsunfähigkeit droht.

Bei juristischen Personen oder Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit ist – auch bei Gesamtvertretung – jedes Mitglied des Vertretungsorgans antragsberechtigt, bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit jeder persönlich haftende Gesellschafter sowie jeder Abwickler, § 15 Abs. 1 InsO.

Antragsrecht und Antragspflicht liegen bei Kapitalgesellschaften ausschließlich bei dem Vertretungsorgan (Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder), nicht hingegen bei den Gesellschaftern. Antragsbefugt bei der GmbH & Co. KG ist daher der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Die Gesellschafter juristischer Personen sind jedoch zur Stellung des Antrags berechtigt und verpflichtet, wenn die Gesellschaft führungslos ist, §§ 15 Abs. 1 S. 2, 15a Abs. 3 InsO.

Dem faktischen Geschäftsführer einer GmbH wird zwar teilweise keine eigene Antragsbefugnis zuerkannt,[3] nach Ansicht des BGH ist er jedoch zur Antragstellung verpflichtet.[4] Im Hinblick auf die Anforderungen der Rechtsprechung und die Haftungsrisiken sollte der faktische Geschäftsführer bei dem Vorliegen zwingender Insolvenzgründe (Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung) einen (ggf. unzulässigen) Insolvenzantrag stellen und zugleich die bestellten Organmitglieder bzw. bei Führungslosigkeit die Gesellschafter zur Antragstellung auffordern.

Bei der sog. Vorgesellschaft ist neben den bestellten organschaftlichen Vertretern auch jeder Gesellschafter berechtigt, einen Insolvenzantrag zu stellen.

Bei der BGB-Gesellschaft und bei der OHG ist jeder einzelne Gesellschafter antragsberechtigt, bei der KG der Komplementär als persönlich haftender Gesellschafter.

Bei rechtsfähigen Vereinen und Stiftungen ist jedes Vorstandsmitglied und jeder Liquidator berechtigt, Insolvenzantrag zu stellen, §§ 26 ff. 48 ff., 86 BGB.

 

Rz. 6

Bei der Antragstellung sind Tatsachen vorzutragen, aus denen sich der Eröffnungsgrund ergibt. Der Eröffnungsgrund ist durch konkrete Tatsachen in substantiierter, nachvollziehbarer Form darzulegen.[5] Eine Glaubhaftmachung ist erforderlich, wenn eine Mehrheit von Organmitgliedern antragsberechtigt ist (z.B. bei juristischen Personen mehrere Geschäftsführer) und nur ein Berechtigter den Antrag stellt.[6] Die Glaubhaftmachung muss sich auf die tatsächlichen Grundlagen des Anspruchs beziehen.[7] Sie entfällt, wenn sich die anderen Organmitglieder später der Antragstellung anschließen.

[3] Vgl. Braun/Bußhardt, InsO, § 15 Rn 18 ff.
[6] Schmidt, Karsten/Gundlach, § 15 Rn 24 ff.
[7] Schmidt, Karsten/Gundlach, § 15 Rn 23.

b) Antragspflicht gem. § 15a InsO

 

Rz. 7

Eine rechtliche Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrages besteht weder für natürliche Personen noch für Gläubiger. Eine Antragspflicht besteht jedoch für die Organe von juristischen Personen (§ 15a Abs. 1 S. 1 InsO) sowie für die Gesellschafter und die Abwickler einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit (insbesondere GmbH & Co. KG, OHG, GbR), bei der kein Gesellschafter eine natürliche Person ist. Für Vereine und Stiftungen begründet § 42 Abs. 2 BGB spezialgesetzlich ebenfalls eine Insolvenzantragspflicht.

Subsidiär nach Abs. 3 eingreifende Antragspflichten bestehen auch für Gesellschafter einer GmbH und für Aufsichtsratsmitglieder einer AG bzw. einer Genossenschaft, wenn die Gesellschaft führungslos ist. Die Führungslosigkeit ist bei der Antragstellung glaubhaft zu machen.

Auslöser der Antragspflicht gem. § 15a InsO ist das Vorliegen eines zwingenden Insolvenzgrundes, also Zahlungsunfähigkeit gem. § 17 InsO oder bei juristischen Personen Überschuldung gem. § 19 InsO. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen, § 15a Abs. 1 S. 2 InsO.[8] Die verlängerte Sechs-Wochen-Frist bei Überschuldung greift freilich nur dann Platz, wenn nicht zugleich Zahlungsunfähigkeit vorliegt.

Der Zeitpunkt der Kenntnisnahme von dem Insolvenzgrund ist unerheblich. Aus diesem Grund ist das Vorliegen der Voraussetzung eines Insolvenzgrundes von den Organen jederzeit sorgfältig zu prüfen.

 

Rz. 8

Durch das Insolvenz-Aussetzungsgesetz (COVInsAG) war die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags vorübergehend in dem Zeitraum vom 1.3.2020 bis 30.9.2020 (bei Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung) bzw. bis 31.12.2020 (bei Überschuldung) ausgesetzt, ...

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