Angelika Wimmer-Amend, Michael Merten
Rz. 50
Gem. § 13 Abs. 1 InsO kann jeder Gläubiger einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen. Ein Gläubigerantrag ist nur bei dem Eröffnungsgrund Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung zulässig, nicht hingegen wegen drohender Zahlungsunfähigkeit. Ein Eröffnungsantrag ist nach § 14 Abs. 1 InsO nur dann zulässig, wenn der Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat und seine Forderung sowie den Eröffnungsgrund glaubhaft macht.
Die Forderung muss eine persönliche Forderung des Gläubigers sein und ist in Geldwert anzugeben.
Eine Titulierung ist grundsätzlich nicht erforderlich, die schlüssige Darlegung des Forderungsgrundes genügt. Allerdings sind an titulierte Forderungen geringere Anforderungen der Glaubhaftmachung zu stellen.
Zur Glaubhaftmachung einer nicht titulierten Forderung können von dem Gläubiger gem. § 4 InsO, § 294 ZPO alle präsenten Beweismittel genutzt werden. Dies dürften zumeist Urkunden sein, die im Original vorzulegen und mit einer Abschrift für den Schuldner zu versehen sind. Überdies ist auch die Möglichkeit einer eidesstattlichen Versicherung des Gläubigers selbst möglich.
Der Insolvenzantrag des Gläubigers stellt eine Prozesshandlung dar, darf also nicht an eine Bedingung geknüpft werden. Der Antrag hat die genaue Bezeichnung des Schuldners und auch des Gläubigers zu enthalten. Eine genaue Bezeichnung der Verfahrensart (Regel- oder Verbraucherinsolvenzverfahren) ist nicht erforderlich.
Der Gläubiger hat den Eröffnungsgrund glaubhaft zu machen. Dazu ist es ausreichend, wenn der Gläubiger Indizien glaubhaft macht, die einzeln oder in ihrer Häufung nach der allgemeinen Erfahrung den hinreichend sicheren Schluss auf das Vorliegen eines Eröffnungsgrundes zulassen. In der Praxis wird regelmäßig auf die Zahlungseinstellung (siehe dazu Rdn 10) abzustellen sein, welche die Vermutung begründet, dass der Schuldner zahlungsunfähig ist, § 17 Abs. 2 InsO. So stellt die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen ein starkes Indiz dar, welches für die Zahlungseinstellung und mithin für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit spricht, weil diese Forderungen in der Regel wegen der drohenden Strafbarkeit gem. § 266a StGB bis zuletzt bedient werden.
Ausreichend hingegen ist der Nachweis über einen fruchtlosen Vollstreckungsversuch innerhalb der letzten sechs Monate in das Vermögen des Schuldners, die Erklärung des Schuldners selbst, dass dieser zahlungsunfähig sei, oder eine Drittschuldnererklärung, die auf weitere Vollstreckungsgläubiger hinweist, oder die eidesstattliche Versicherung des Schuldners. Als Indizien für eine Zahlungseinstellung kommen weiterhin in Betracht: häufige Zurückweisung von Lastschriften; vollständige oder überwiegende Einstellung der laufenden Zahlungen, wie Sozialversicherungsbeiträge oder Steuern für mindestens sechs Monate, Löhne, Entgelte für Energielieferungen oder ähnliche betriebsnotwendige Kosten; umfangreiche Herausgabe von Sicherungsgut an die Sicherungsgläubiger; Einstellung des Geschäftsbetriebs oder Sitzverlegung ohne geordnete Abwicklung des Geschäfts; tatsächliche Unerreichbarkeit über mehrere Monate; Flucht vor den Gläubigern. Schwebt zum Zeitpunkt der Antragstellung noch ein Eigenantrag des Schuldners, bedarf es der Glaubhaftmachung des Eröffnungsgrunds nicht. Liegt dem Insolvenzantrag eine nicht rechtskräftig titulierte Forderung zugrunde, sollte der Gläubiger Umstände darlegen und glaubhaft machen, die eine bloße Zahlungsunwilligkeit des Schuldners ausschließen.
Das für die Zulässigkeit des Gläubigerantrages zudem erforderliche rechtliche Interesse fehlt, wenn der Gläubiger seine Forderung auf eine einfachere und billigere Weise realisieren kann. Dies ist der Fall, wenn der Gläubiger in einem Insolvenzverfahren keine bessere Realisierungschance erwarten kann. Hauptsächlich betrifft dies aus- und absonderungsberechtigte Gläubiger, die durch ihre Sicherheiten vollständig gesichert sind.
Schließlich darf sich der Insolvenzantrag des Gläubigers nicht als rechtsmissbräuchlich darstellen. Rechtsmissbräuchlich ist ein Insolvenzantrag eines Gläubigers, wenn er lediglich als Druckmittel zur Zahlung der offenen Forderung dienen soll. Das Rechtschutzinteresse hängt allerdings nicht davon ab, ob der Gläubiger in dem Verfahren Befriedigung erlangen kann.
Der Insolvenzantrag wird zwar nicht dadurch unzulässig, dass die Forderung erfüllt wird, § 14 Abs. 1 S. 2 InsO. Das rechtliche Interesse des Gläubigers an dem Insolvenzantrag kann jedoch wegfallen, wenn Schuldner nach Antragstellung die Rückstände begleicht. Ein berechtigtes Interesse, trotz Erfüllung der Forderung(en) die Fortsetzung der wirtschaftlichen Aktivitäten des Schuldners zu unterbinden, besteht nur bei Gläubigern, denen bereits im Zeitpunkt der Antragstellung weitere Forderungen gegen den Schuldner zustehen, die noch nicht fällig sind (z.B. aus Steuerschuldverhältnissen, Dauerschuldverhältnissen oder laufenden Beitragspflichten). Das Fortbestehe...