Angelika Wimmer-Amend, Michael Merten
I. Lieferant
1. Typischer Sachverhalt
Rz. 49
Mandant M ist Geschäftsführer des Lieferantenbetriebes, der die Firma A-GmbH seit Jahren mit Ersatzteilen beliefert. Da die Lieferungen seit Monaten zunächst schleppend und nunmehr gar nicht bezahlt werden, möchte M wissen, welche Möglichkeiten er hat, um nicht länger durch den Geschäftsführer der A-GmbH vertröstet zu werden. Gerichtliche Hilfe wurde noch nicht in Anspruch genommen, so dass auch die Forderung nicht tituliert ist. Die bislang gut laufenden Vertragsbeziehungen wollte er eigentlich nicht gefährden, aber nun denkt man über einen Insolvenzantrag nach, um der Schuldnerin "Beine zu machen". M hat gehört, dass Forderungen einiger Gläubiger, mit denen der Geschäftsführer der A-GmbH wohl befreundet ist, bedient werden. Außerdem soll Gerüchten zufolge bereits ein Insolvenzantrag durch einen weiteren Gläubiger gestellt worden sein, der angeblich nach einer Zahlung zurückgenommen wurde. Der Versuch, Auskunft bei dem Insolvenzgericht zu erhalten, wurde von dort abgewiesen.
2. Rechtliche Grundlagen
a) Zulässiger Insolvenzantrag
Rz. 50
Gem. § 13 Abs. 1 InsO kann jeder Gläubiger einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen. Ein Gläubigerantrag ist nur bei dem Eröffnungsgrund Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung zulässig, nicht hingegen wegen drohender Zahlungsunfähigkeit. Ein Eröffnungsantrag ist nach § 14 Abs. 1 InsO nur dann zulässig, wenn der Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat und seine Forderung sowie den Eröffnungsgrund glaubhaft macht.
Die Forderung muss eine persönliche Forderung des Gläubigers sein und ist in Geldwert anzugeben.
Eine Titulierung ist grundsätzlich nicht erforderlich, die schlüssige Darlegung des Forderungsgrundes genügt. Allerdings sind an titulierte Forderungen geringere Anforderungen der Glaubhaftmachung zu stellen.
Zur Glaubhaftmachung einer nicht titulierten Forderung können von dem Gläubiger gem. § 4 InsO, § 294 ZPO alle präsenten Beweismittel genutzt werden. Dies dürften zumeist Urkunden sein, die im Original vorzulegen und mit einer Abschrift für den Schuldner zu versehen sind. Überdies ist auch die Möglichkeit einer eidesstattlichen Versicherung des Gläubigers selbst möglich.
Der Insolvenzantrag des Gläubigers stellt eine Prozesshandlung dar, darf also nicht an eine Bedingung geknüpft werden. Der Antrag hat die genaue Bezeichnung des Schuldners und auch des Gläubigers zu enthalten. Eine genaue Bezeichnung der Verfahrensart (Regel- oder Verbraucherinsolvenzverfahren) ist nicht erforderlich.
Der Gläubiger hat den Eröffnungsgrund glaubhaft zu machen. Dazu ist es ausreichend, wenn der Gläubiger Indizien glaubhaft macht, die einzeln oder in ihrer Häufung nach der allgemeinen Erfahrung den hinreichend sicheren Schluss auf das Vorliegen eines Eröffnungsgrundes zulassen. In der Praxis wird regelmäßig auf die Zahlungseinstellung (siehe dazu Rdn 10) abzustellen sein, welche die Vermutung begründet, dass der Schuldner zahlungsunfähig ist, § 17 Abs. 2 InsO. So stellt die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen ein starkes Indiz dar, welches für die Zahlungseinstellung und mithin für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit spricht, weil diese Forderungen in der Regel wegen der drohenden Strafbarkeit gem. § 266a StGB bis zuletzt bedient werden.
Ausreichend hingegen ist der Nachweis über einen fruchtlosen Vollstreckungsversuch innerhalb der letzten sechs Monate in das Vermögen des Schuldners, die Erklärung des Schuldners selbst, dass dieser zahlungsunfähig sei, oder eine Drittschuldnererklärung, die auf weitere Vollstreckungsgläubiger hinweist, oder die eidesstattliche Versicherung des Schuldners. Als Indizien für eine Zahlungseinstellung kommen weiterhin in Betracht: häufige Zurückweisung von Lastschriften; vollständige oder überwiegende Einstellung der laufenden Zahlungen, wie Sozialversicherungsbeiträge oder Steuern für mindestens sechs Monate, Löhne, Entgelte für Energielieferungen oder ähnliche betriebsnotwendige Kosten; umfangreiche Herausgabe von Sicherungsgut an die Sicherungsgläubiger; Einstellung des Geschäftsbetriebs oder Sitzverlegung ohne geordnete Abwicklung des Geschäfts; tatsächliche Unerreichbarkeit über mehrere Monate; Flucht vor den Gläubigern. Schwebt zum Zeitpunkt der Antragstellung noch ein Eigenantrag des Schuldners, bedarf es der Glaubhaftmachung des Eröffnungsgrunds nicht. Liegt dem Insolvenzantrag eine nicht rechtskräftig titulierte Forderung zugrunde, sollte der Gläubiger Umstände darlegen und glaubhaft machen, die eine bloße Zahlungsunwilligkeit des Schuldners ausschließen.
Das für die Zulässigkeit des Gläubigerantrages zudem erforderliche rechtliche Interesse fehlt, wenn der Gläubiger seine Forderung auf eine einfachere und billigere Weise realisieren kann. Dies ist der Fall, wenn der Gläubiger in einem Insolvenzverfahren keine bessere Realisierungschance erwarten kann. Hauptsächlich betrifft dies aus- und absonderungsberechtigte Gläubiger, die durch ihre Sicherheiten vollständig gesichert sind.
Schließlich darf sich der Insolven...