Rz. 174

Nach § 131 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit hätte beanspruchen können (inkongruente Deckung). Die Anfechtungsmöglichkeiten werden bei Inkongruenz deutlich erweitert.

 

Rz. 175

Dabei wird bei Anfechtungshandlungen, die gem. § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO im letzten Monat vor dem Eröffnungsantrag oder nach dem Antrag erfolgen, die Zahlungsunfähigkeit unwiderleglich vermutet. Neben der Inkongruenz bestehen in diesem Zeitraum keine weiteren Voraussetzungen.

 

Rz. 176

Bei einer Anfechtung gem. § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO muss der Schuldner zum Zeitpunkt der Leistungsgewährung objektiv zahlungsunfähig gewesen sein, ohne dass dies dem Gläubiger bekannt gewesen sein muss. Alternativ genügt es gem. § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO bei fehlendem Nachweis der objektiven Zahlungsunfähigkeit, wenn dem Anfechtungsgegner bekannt gewesen ist, dass durch diese Leistung Insolvenzgläubiger benachteiligt werden. Ausreichend ist die Kenntnis von Umständen, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen, § 131 Abs. 2 InsO. Gegenüber einer nahestehenden Person i.S.v. § 138 InsO wird vermutet, dass sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte, § 131 Abs. 2 S. 2 InsO. Die Beweislast für die Tatbestandsvoraussetzungen des § 131 InsO liegt im Übrigen bei dem Insolvenzverwalter.

 

Rz. 177

Inkongruenz liegt beispielsweise vor,

wenn der Schuldner statt einer geschuldeten Barzahlung eine andere Leistung erbringt (z.B. Abtretung einer Forderung, Hingabe von Waren);
bei sog. Druckzahlungen, die der Schuldner unter dem Druck der drohenden Zwangsvollstreckung leistet;
bei nachträglichen benachteiligenden Vertragsänderungen;
bei einer Leistung erfüllungshalber oder an Erfüllungs Statt, wenn eine anfechtungsfest vereinbarte Ersetzungsbefugnis nicht besteht;
bei Aufrechnung, wenn kein Anspruch auf Begleichung der Schuld durch Aufrechnung bestand;[117]
bei Ratenzahlungen aufgrund eines Vergleichs, wenn die Vergleichsvereinbarung ihrerseits anfechtbar ist, z.B. weil sie zur Abwendung eines Insolvenzantrags erfolgte.[118]
[117] Vgl. Uhlenbruck/Borries/Hirte, § 131 Rn 51 ff.
[118] Vgl. Uhlenbruck/Borries/Hirte, § 131 Rn 54.

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