Dr. Daniel Faulenbach, Peter Friedhofen
I. Einheitliche Klagefrist
Rz. 1
Für alle Klagen, die sich gegen eine schriftliche arbeitgeberseitige Kündigung eines Arbeitsverhältnisses richten, gilt, unabhängig vom Inhalt der Klagebegründung, eine einheitliche Klagefrist von drei Wochen. Hat der Arbeitgeber nur mündlich gekündigt, so gilt die Drei-Wochen-Frist nicht. Damit wird dem Schriftformerfordernis der Kündigung nach § 623 BGB ausdrücklich Rechnung getragen. Es soll verhindert werden, dass eine wegen Nichteinhaltung der Schriftform unwirksame Kündigung aufgrund der Fiktionswirkung des § 7 KSchG Rechtswirksamkeit erlangt. Der Mangel der Schriftform setzt die Klagefrist des § 4 S. 1 KSchG also nicht in Gang. Dies gilt auch, wenn die Kündigung durch einen vollmachtlosen Vertreter ausgesprochen wurde und die Kündigung nicht nachträglich genehmigt wurde. Jedenfalls beginnt die Klagefrist erst mit dem Zugang der Genehmigung des Arbeitgebers beim Arbeitnehmer.
Rz. 2
Die Geltung der dreiwöchigen Klagefrist für alle Unwirksamkeitsgründe folgt für ordentliche Kündigungen bei Anwendbarkeit des KSchG aus § 4 S. 1 KSchG, für ordentliche Kündigungen, bei denen das KSchG keine Anwendung findet, sei es, dass es sich um einen Kleinbetrieb handelt oder sei es, dass die Wartezeit gem. § 1 Abs. 1 KSchG im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch nicht vollendet ist, aus § 23 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 4 S. 1 KSchG. Sie folgt für außerordentliche Kündigungen im Anwendungsbereich des KSchG aus § 13 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 4 S. 1 KSchG und für außerordentliche Kündigungen außerhalb der Anwendbarkeit des KSchG aus § 23 Abs. 1 S. 2 i.V.m. §§ 13 Abs. 1 S. 2, 4 S. 1 KSchG.
Rz. 3
Möchte sich der Kläger ausschließlich gegen die Nichteinhaltung der objektiv richtigen Kündigungsfrist wenden, liegt an sich zwar kein Fall der Geltendmachung der Unwirksamkeit der Kündigung vor. Allerdings soll nach der Rechtsprechung des Fünften Senats des BAG die Einhaltung der Drei-Wochen-Frist des § 4 S. 1 KSchG gleichwohl erforderlich sein, wenn sich die mit zu kurzer Frist ausgesprochene Kündigung nicht als eine solche mit der rechtlich gebotenen Frist auslegen lässt. Denn in diesem Fall soll die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist zur Unwirksamkeit der Kündigung führen. Wird diese (unwirksame) Kündigung nicht innerhalb der Drei-Wochen-Frist gerichtlich angegriffen, würde sie gem. § 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam gelten und das Arbeitsverhältnis zum "falschen Termin" beenden.
II. Bedeutung der einheitlichen Klagefrist
Rz. 4
Die einheitliche Klagefrist von drei Wochen, die alle Unwirksamkeitsgründe erfasst, bedeutet indessen nicht, dass alle Unwirksamkeitsgründe innerhalb der Drei-Wochen-Frist geltend gemacht werden müssen. Dies ergibt sich aus § 6 KSchG. Hat ein Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung im Klageweg geltend gemacht, dass eine rechtswirksame Kündigung nicht vorliege, so kann er sich in diesem Verfahren bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz zur Begründung der Unwirksamkeit der Kündigung auch auf innerhalb der Klagefrist nicht geltend gemachte Gründe berufen. Das Arbeitsgericht soll ihn hierauf hinweisen. Ist also ein Unwirksamkeitsgrund innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist geltend gemacht worden, kann sich der Kläger auch nach Ablauf der Klagefrist auf weitere Unwirksamkeitsgründe berufen. Hier gilt es indessen zu beachten, dass gem. § 61a Abs. 5 und 6 ArbGG Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf wirksam gesetzter Ausschlussfristen vorgebracht werden, nur zuzulassen sind, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichtes ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögert oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Aus diesem Grunde wird dringend empfohlen, dass alle denkbaren und ernsthaft in Betracht kommenden Unwirksamkeitsgründe spätestens jedoch innerhalb der vom Vorsitzenden in der Güteverhandlung gesetzten Ausschlussfrist geltend gemacht werden.
Rz. 5
Praxishinweis
Taktische Spielchen mit dem Ziel, den Kündigungsschutzprozess zu Lasten des Arbeitgebers in die Länge zu ziehen, können bei Fristversäumung teuer werden.
III. Ergänzung des § 5 KSchG für Fälle unverschuldeter Nichtkenntnis von der Schwangerschaft
Rz. 6
Gem. § 9 Abs. 1 S. 1 MuSchG ist die Kündigung gegenüber einer Frau während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft oder Entbindung bekannt war oder innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird; das Überschreiten dieser Frist ist unschädlich, wenn es auf einem von der Frau nicht zu vertretenden Grund beruht und die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des nicht zu vertretenden Grundes und die unverzügliche Nachholung der Schwangerschaftsmitteilung vor, bleibt der Arbeitnehmerin der besondere Kündigungsschutz nach § 9 MuSchG erhalten. Die Mitteilung der Schwangerschaft kann auch noch nach Ablauf der Klagefrist erfolgen. Wegen dieser Beso...