Rz. 70

Über den Weiterbeschäftigungsanspruch ist zusammen mit der Entscheidung über die Wirksamkeit der Kündigung zu entscheiden, es sei denn, der Rechtsstreit wäre nur bezüglich der Kündigungsfeststellungsklage entscheidungsreif.[89] Dieser Fall kann z.B. eintreten, wenn – abweichend vom Regelfall – die besondere Interessenlage der Parteien (vgl. dazu die Ausführungen zum Weiterbeschäftigungsanspruch, § 11) weiteren Sachvortrag der Parteien erfordert. Eine Aussetzung der Entscheidung über den Weiterbeschäftigungsantrag kommt regelmäßig nicht in Betracht.[90] Da der Weiterbeschäftigungsanspruch nicht vom rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses abhängig ist, fehlt es an einer Vorgreiflichkeit i.S.d. § 148 ZPO.[91] Dem Weiterbeschäftigungsverlangen ist regelmäßig stattzugeben, wenn das Arbeitsgericht auf Unwirksamkeit der Kündigung erkennt und der Arbeitgeber keine Tatsachen für ein überwiegendes Interesse an der Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers vorgetragen hat.[92]

[89] Regelmäßig wird jedoch ein Teilurteil über die Wirksamkeit der Kündigung bei Verbleib des Weiterbeschäftigungsantrags in der Instanz wegen der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen im Instanzenzug unzulässig sein. Besteht nämlich diese Gefahr, darf ein Teilurteil nicht ergehen. Die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen – auch infolge einer abweichenden Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht – ist bereits dann gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann. Dazu reicht die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen Urteilselementen aus, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden. Vgl. dazu BAG v. 30.5.2018, NZA 2018, 1425.
[90] BAG v. 27.2.1985, EzA § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 9.
[91] Ascheid/Preis/Schmidt/Koch, 6. Aufl. 2023, § 102 BetrVG Rn 243.
[92] LAG Köln v. 17.5.1991, NZA 1992, 84.

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