Dr. Daniel Faulenbach, Peter Friedhofen
I. Allgemeines
Rz. 65
Zur formellen und materiellen Unterscheidung zwischen Beschäftigungsanspruch und Weiterbeschäftigungsanspruch siehe § 11. Zur Zwangsvollstreckung des Beschäftigungs- und Weiterbeschäftigungsanspruchs siehe § 36.
II. Beschäftigungsanspruch
Rz. 66
Der während des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses bestehende Beschäftigungsanspruch kann vom Arbeitnehmer durch Leistungsklage geltend gemacht werden. Das ordentliche Erkenntnisverfahren ist dafür wegen der Dauer eines erstinstanzlichen Verfahrens, die trotz zügiger Behandlung durch die Gerichte für Arbeitssachen mit drei bis vier Monaten zu veranschlagen ist, nur bedingt geeignet, um effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten. Deshalb wird der Beschäftigungsanspruch häufig mittels einstweiliger Verfügung geltend gemacht. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Anforderungen an den Verfügungsgrund nicht unerheblich sind.
III. Weiterbeschäftigungsanspruch
Rz. 67
Der Weiterbeschäftigungsanspruch für die Dauer des Kündigungsrechtsstreits kann entweder mit einer separaten Leistungsklage in einem eigenständigen Prozess oder durch Klagerweiterung der Kündigungsschutzklage geltend gemacht werden. Der Weiterbeschäftigungsanspruch kann auch als unechter Hilfsantrag für den Fall des Obsiegens mit dem Kündigungsschutzantrag gestellt werden (sog. uneigentlicher Hilfsantrag). Als solchen legt das BAG ihn regelmäßig selbst dann aus, wenn er anders formuliert ist und zwar selbst dann, wenn sich aus der Begründung ebenfalls nicht ergibt, dass es sich um einen uneigentlichen Hilfsantrag handeln soll. Die Beschränkung der Weiterbeschäftigungspflicht für die Zeit des Kündigungsschutzprozesses ist in den Klageantrag mit aufzunehmen.
Rz. 68
Für die Weiterbeschäftigungsklage besteht nur dann ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn aus dem Weiterbeschäftigungsantrag auch vollstreckt werden kann. Deshalb muss der Antrag auch inhaltlich so bestimmt sein, dass er die Art der Tätigkeit, mit der der Arbeitnehmer weiterbeschäftigt werden soll, konkret beschreibt.
Rz. 69
Formulierungsbeispiel
Der/die Beklagte wird verurteilt, den Kläger/die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits als (…) (hier ist die konkrete Tätigkeit anzugeben wie z.B. Leiter der Einkaufsabteilung oder Maschinenbediener oder Altenpflegehelferin) zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen.
IV. Gerichtliche Entscheidung
Rz. 70
Über den Weiterbeschäftigungsanspruch ist zusammen mit der Entscheidung über die Wirksamkeit der Kündigung zu entscheiden, es sei denn, der Rechtsstreit wäre nur bezüglich der Kündigungsfeststellungsklage entscheidungsreif. Dieser Fall kann z.B. eintreten, wenn – abweichend vom Regelfall – die besondere Interessenlage der Parteien (vgl. dazu die Ausführungen zum Weiterbeschäftigungsanspruch, § 11) weiteren Sachvortrag der Parteien erfordert. Eine Aussetzung der Entscheidung über den Weiterbeschäftigungsantrag kommt regelmäßig nicht in Betracht. Da der Weiterbeschäftigungsanspruch nicht vom rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses abhängig ist, fehlt es an einer Vorgreiflichkeit i.S.d. § 148 ZPO. Dem Weiterbeschäftigungsverlangen ist regelmäßig stattzugeben, wenn das Arbeitsgericht auf Unwirksamkeit der Kündigung erkennt und der Arbeitgeber keine Tatsachen für ein überwiegendes Interesse an der Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers vorgetragen hat.
V. Praxis
Rz. 71
In der gerichtlichen Praxis kommt es nach Einschätzung des Verfassers nur relativ selten zur vorläufigen Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im laufenden Kündigungsschutzverfahren, sei es, dass der Arbeitgeber eine solche dem Arbeitnehmer anbietet, sei es, dass der Arbeitgeber dem erstinstanzlich ausgeurteilten Weiterbeschäftigungsanspruch nachkommen möchte, sei es, dass der Arbeitnehmer mit Zwa...