Rz. 55
Die Parteien betreffend ist es ratsam auszuhandeln, wie mit Informationen umgegangen werden soll. Mit wem darf über was gesprochen werden, wie können die Beteiligten Schutz erlangen vor Gefährdungen durch die Informationen selbst. In Unternehmensnachfolgesachen ist z.B. denkbar, dass keine Informationen über persönliche Motivation oder persönliche Gegebenheiten nach außen dringen sollen (als Beispiel nehme man hier die Gesundheit, schwerwiegende Erkrankung, beginnendes Altern oder den anderen Beteiligten nicht bekannte Finanzsituationen, familiäre Themen wie Ehekrisen u.Ä.).
Rz. 56
In familiengeführten Unternehmen sollen familieninterne Themen bzw. Erbhistorien und Ähnliches meistens intern bleiben. Gerade in solchen Konstellationen wird der Gang zum Gericht auch deshalb gescheut, weil man im Interesse des Familienfriedens den eigenen Verwandten nicht vor Gericht zerren will; diese privaten Informationen wollen viele nicht im größeren Umlauf haben.
Rz. 57
Je größer der Teilnehmerkreis einer Mediation, desto mehr Augenmerk braucht die Dimension der Vertraulichkeit. Bei Vereinbarungen über den Personenkreis, mit dem außerhalb des Mediationsverfahrens gesprochen werden darf, kommt es vor, dass im fortlaufenden Verfahren Anpassungen vorgenommen werden müssen. Hat man z.B. abgesprochen, nur mit Geschwistern zu reden, könnte eine spätere Erweiterung auf Ehe- und Lebenspartner, Kinder, fachkundige Freunde denkbar sein.
Hilfreich ist es hier, wenn nach erzielter Einigung der am Mediationsverfahren Beteiligten über eine allen genehme Erweiterung des Kreises der Personen, mit denen gesprochen werden kann, der jeweilige externe Gesprächspartner ebenfalls auf die Einhaltung von Vertraulichkeit gegenüber den ihn Ansprechenden hingewiesen wird.
Rz. 58
Schwierig ist in diesem Zusammenhang der Umgang mit Wortbrüchen – der Schaden, der einem Betroffenen durch Durchsickern von Informationen entsteht, ist häufig immaterieller Art. Einen wirklichen Schutz hiervor gibt es nicht, dies muss den Beteiligten im Umgang mit ihrer persönlichen Verschwiegenheitsverpflichtung klar sein.
Beispiel
Der Übergeber, stets sportlicher Auftritt, vitalitätsstrahlend, offenbart seinen Kindern seine Sorgen über erste Erinnerungsausfälle. Der Sohn bespricht das mit seiner Frau, die im Ort beim Metzger unbedacht äußert; "Jaja, der Schwiegervater vergisst in letzter Zeit einiges, er wird alt." Als er bei der Hausbank über Kreditlinien verhandelt, fragt ihn der neue Sachbearbeiter freundlich besorgt, was denn sein Hausarzt zu seinem Gesundheitszustand meine, er habe da so was gehört …
Rz. 59
In Wirtschaftsmediationen werden häufiger Sanktionsregelungen vereinbart für den Fall von Brüchen der Vertraulichkeit. In Mediationsverfahren ist es wichtig, die Vertraulichkeit auch und gerade für nachfolgende Zivilverfahren zu regeln. Auch hier bleibt festzuhalten, dass ein umfassender Schutz vor der Verwendung von im Mediationsverfahren bekannt gewordenen Informationen in einem späteren Zivilprozess nicht zu gewährleisten ist.
Vertraulichkeitswahrung ist und bleibt eine Vertrauenssache.