I. Co-Mediation
Rz. 61
Mediationen in der Unternehmensnachfolge sind in der Regel Mehrparteienmediationen, d.h. mit mehr als zwei Beteiligten. Darüber hinaus ist meist mehr als ein Mediationsfeld betroffen – neben Erb- und teilweise auch Familienrechtsaspekten sind stets wirtschaftliche Belange mit betroffen, so z.B. unter anderem Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht, Steuerfragen, Finanzangelegenheiten. Je mehr Personen oder vertretene Gruppierungen am Mediationsverfahren beteiligt sind – auch wenn nur zeitweise – desto höher ist die Herausforderung an den Mediator hinsichtlich voller Aufmerksamkeit und technischer Abwicklung. Der Inhalt der Mediation bleibt derselbe, ob es nun um zwei oder acht Personen geht. Die Anforderung an Aufnahme des Gesprochenen und deren optische Darstellung nimmt mit der Zahl der beteiligten Personen zu.
Rz. 62
Co-Mediation ist hier eine große Erleichterung und Qualitätssicherungsmaßnahme. Darunter wird in der Regel die Zusammenarbeit unterschiedlicher Professionen, unter Umständen auch die Zusammenarbeit männlicher und weiblicher Mediatoren verstanden, entweder als Duo oder als Team mehrerer Mediatoren. In Wirtschaftsmediationen gibt es häufig die gemischtgeschlechtliche und interdisziplinäre Co-Arbeit, sei es juristischer mit psychosozialen Mediatoren oder juristischer mit organisationsberaterischen Mediatoren. Noch ist Mediator kein eigenständiger (Haupt-)Beruf. Häufige Grund- bzw. Ursprungsberufe sind Volljuristen, seien es Richter oder Rechtsanwälte, Psychologen, Sozialpädagogen, Personalentwickler, Pädagogen, Eheberater u.a.
Auch die Co-Mediation durch Steuerberater in wirtschaftsbezogenen Sachverhalten nimmt zu. Die Bundessteuerberaterkammer hat daher im Dezember 2006 den Fachberater für Mediation (DStV) eingerichtet.
Je nach Anzahl der an der Mediation beteiligten Personen und Mediationsfelder sind die Mediatorenteams unterschiedlich multiprofessionell zusammengesetzt. Je unterschiedlicher die Zusammensetzung der Mediatoren ist – auch hinsichtlich deren Wertanschauung und Wesensart – desto mehr Verstehensgrundlagen und Optionalität scheint für die unterschiedlichen Konfliktparteien gegeben zu sein. Dabei werden in der Praxis von Co-Mediatoren häufig unterschiedliche Formen der Zusammenarbeit angewendet: Von der punktuellen oder phasengerechten Co-Mediation bis zur durchgängigen Co-Mediation.
II. Einzelgespräche/Shuttle
Rz. 63
Einzelgespräche des Mediators mit einzelnen Medianten können in mehreren Phasen der Mediation eingesetzt werden und stattfinden. Bei Familienunternehmen kommt es vor, dass die einzelnen Beteiligten, und das betrifft nicht nur die der älteren Generation, sich bereits im Vorfeld des eigentlichen Mediationsverfahrens zunächst allein ein Bild vom zu erwartenden Rahmen machen wollen. Vorbereitende Informationsgespräche mit einzelnen oder kleineren Gruppen der Beteiligten sind hier keine Seltenheit.
Bei größeren Mehrparteienmediationen werden auch die Regeln, Schweigepflichtvereinbarungen und anderen Themen des Erstgesprächs unter Umständen in Einzelsitzungen ausgehandelt.
Rz. 64
Immer wieder wird es Situationen geben, in denen einzelne Beteiligte über ihre Interessen oder Gedanken vor den Augen der Gegenseite nicht reden wollen, überhaupt nicht oder jedenfalls nicht in bestimmter Hinsicht. Auch strategische Erwägungen können dazu führen, dass bestimmte Interessen im Plenum nicht offenbart werden. In der Stufe der Interessen greifen einige Mediatoren auf die Verlagerung der Prozesse in Einzelgespräche zurück. Einzelgespräche sind ein Forum, in dem die Beteiligten vertrauensvoll mit dem Mediator kommunizieren können. Strategisch wichtige Informationen, die man der Gegenseite niemals preisgeben würde, werden eventuell dem Mediator mitgeteilt. In emotional stark belasteten Situationen sind Einzelgespräche zudem ein Instrument, das sich zur Deeskalation einsetzen lässt.
Rz. 65
Wichtig beim Einsatz von Einzelgesprächen, die zum Teil auch wie in amerikanischer Rechtspraxis als Shuttle-Mediationen geführt wurden (d.h. der Mediator fungiert als Bote der Inhalte zwischen den Parteien), ist, dass zunächst über das Stattfinden der Einzelgespräche an sich Einigkeit besteht, darüber hinaus Vereinbarungen darüber getroffen werden, wie die mit den einzelnen Beteiligten erarbeiteten Ergebnisse dann wieder in die weitergehende Mediation einfließen. Der Mediator bzw. die Mediatoren sind hier sehr stark gehalten, auf ihre Neutralität zu achten, um sich möglichst nicht dem Vorwurf von "Mauscheleien" mit der Gegenseite auszusetzen. Dies bedeutet, dass man zum einen möglichst jeder Partei den exakt gleichen Zeitrahmen widmet und zum anderen mit den Beteiligten Wege findet, wie diese die erarbeiteten Ergebnisse selber in die weitere Entwicklung wieder einbringen.
In Co-Mediationen ist es meist so, dass der eine Mediator mit der einen Partei redet, der andere Mediator mit der anderen Partei und ggf. im weiteren Fortgang des Verfahrens diese Betreuung Mediator...