Rz. 52
Informiertheit der Beteiligten bedeutet im Wesentlichen, dass alle Parteien über die entscheidungserheblichen Tatsachen und die Rechtslage umfassend informiert sein müssen, um so eine Akzeptanz der Entscheidungen in diesem Mediationsverfahren auch für die Zukunft gewährleisten zu können. Eng mit dem Grundsatz der Informiertheit hängt der Grundsatz der Verschwiegenheit respektive Vertraulichkeit in der Mediation zusammen. Hierbei geht es um den Umgang mit Informationen, die im Rahmen eines Mediationsverfahrens der anderen Partei bzw. den anderen Beteiligten offenbart worden sind. Die größte Rolle spielt diese Fragestellung bei der Verwendung dieser so erlangten Informationen in einem späteren gerichtlichen Prozess. Die eine Seite dieser Maxime betrifft die Behandlung von Informationen, die der Mediator im Rahmen des Verfahrens erlangt, die andere Seite die der Behandlung von Informationen, die die jeweiligen Parteien nicht außerhalb des Mediationsverfahrens erhalten haben würden.
1. Zeugnisverweigerungsrecht/Verschwiegenheitspflicht
Rz. 53
Durch die Vorschrift des § 4 MediationsG ist der Mediator nunmehr gesetzlich zur Verschwiegenheit verpflichtet und hat demgemäß nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO im einer Mediation nachfolgenden Zivilprozess ein Zeugnisverweigerungsrecht. Der Mediator kann von allen Beteiligten gemeinsam von der Verschwiegenheit befreit werden. Für strafrechtliche Verfahren verbleibt es bei der Sachlage wie vor dem MediationsG: Nur diejenigen Mediatoren, die schon im Grundberuf über ein strafprozessuales Zeugnisverweigerungsrecht verfügen, wie Anwälte mit § 18 BORA, haben die Möglichkeit, das Zeugnis als Mediator zu verweigern. Gleichwohl sollte in der Mediationsvereinbarung festgelegt werden, dass die Beteiligten sich zur Wahrung der Vertraulichkeit verpflichten.
Rz. 54
Die andere Seite der den Mediator betreffenden Vertraulichkeit bezieht sich auf dessen Umgang mit Informationen, die eine Partei ihm in Einzelgesprächen eröffnet. Hier ist stets die Frage, inwieweit ein Mediator als "Geheimnisträger" seine Neutralität dadurch gefährdet, dass er mehr weiß als der andere Beteiligte. In der Praxis ist es jedoch häufig so, dass einem Beteiligten, der es "übers Herz gebracht hat", sich dem Mediator hinsichtlich persönlicher Beweggründe zu offenbaren, auch in nachfolgenden weiteren Verhandlungen der Umgang mit den anderen Beteiligten und den eigenen Informationen leichter ist und zumindest Teile daraus über den Beteiligten selbst in das weitere Verfahren einfließen.
2. Umfang der Verschwiegenheitspflicht/Sanktionen bei Verstößen
Rz. 55
Die Parteien betreffend ist es ratsam auszuhandeln, wie mit Informationen umgegangen werden soll. Mit wem darf über was gesprochen werden, wie können die Beteiligten Schutz erlangen vor Gefährdungen durch die Informationen selbst. In Unternehmensnachfolgesachen ist z.B. denkbar, dass keine Informationen über persönliche Motivation oder persönliche Gegebenheiten nach außen dringen sollen (als Beispiel nehme man hier die Gesundheit, schwerwiegende Erkrankung, beginnendes Altern oder den anderen Beteiligten nicht bekannte Finanzsituationen, familiäre Themen wie Ehekrisen u.Ä.).
Rz. 56
In familiengeführten Unternehmen sollen familieninterne Themen bzw. Erbhistorien und Ähnliches meistens intern bleiben. Gerade in solchen Konstellationen wird der Gang zum Gericht auch deshalb gescheut, weil man im Interesse des Familienfriedens den eigenen Verwandten nicht vor Gericht zerren will; diese privaten Informationen wollen viele nicht im größeren Umlauf haben.
Rz. 57
Je größer der Teilnehmerkreis einer Mediation, desto mehr Augenmerk braucht die Dimension der Vertraulichkeit. Bei Vereinbarungen über den Personenkreis, mit dem außerhalb des Mediationsverfahrens gesprochen werden darf, kommt es vor, dass im fortlaufenden Verfahren Anpassungen vorgenommen werden müssen. Hat man z.B. abgesprochen, nur mit Geschwistern zu reden, könnte eine spätere Erweiterung auf Ehe- und Lebenspartner, Kinder, fachkundige Freunde denkbar sein.
Hilfreich ist es hier, wenn nach erzielter Einigung der am Mediationsverfahren Beteiligten über eine allen genehme Erweiterung des Kreises der Personen, mit denen gesprochen werden kann, der jeweilige externe Gesprächspartner ebenfalls auf die Einhaltung von Vertraulichkeit gegenüber den ihn Ansprechenden hingewiesen wird.
Rz. 58
Schwierig ist in diesem Zusammenhang der Umgang mit Wortbrüchen – der Schaden, der einem Betroffenen durch Durchsickern von Informationen entsteht, ist häufig immaterieller Art. Einen wirklichen Schutz hiervor gibt es nicht, dies muss den Beteiligten im Umgang mit ihrer persönlichen Verschwiegenheitsverpflichtung klar sein.
Beispiel
Der Übergeber, stets sportlicher Auftritt, vitalitätsstrahlen...