Rz. 6
Die Legaldefinition der Patientenverfügung ergibt sich aus § 1827 Abs. 1 BGB. Um eine Patientenverfügung handelt es sich hiernach, wenn ein einwilligungsfähiger Volljähriger für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit schriftlich festlegt, ob er in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen seines Gesundheitszustands, Heilbehandlungen oder ärztlichen Eingriffe einwilligt oder sie untersagt.
1. Einwilligungsfähigkeit
Rz. 7
Nach § 1827 Abs. 1 BGB ist die Einwilligungsfähigkeit, das heißt die Einsichts- und Urteilsfähigkeit des Verfügenden, zum Zeitpunkt der Errichtung zwingend. Auf die Testierfähigkeit gem. § 2229 BGB oder Geschäftsfähigkeit kommt es hierbei nicht an. Sofern keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen, kann der Arzt von der Einwilligungsfähigkeit des Patienten ausgehen. Die Einwilligungsfähigkeit ist jedoch ausgeschlossen, wenn die Einsichts- und Urteilsfähigkeit eines Patienten durch Krankheit und/oder Behinderung so stark beeinträchtigt ist, dass er die Art und Schwere einer möglichen Erkrankung und/oder Behinderung oder Wesen, Bedeutung und Tragweite der Patientenverfügung nicht mehr erfasst oder kein eigenes Urteil darüber zu treffen vermag. Es kann auch aus diesem Grund angezeigt sein, dass Arzt und Patient eine Patientenverfügung durchsprechen und der Arzt die Einwilligungsfähigkeit des Patienten bestätigt. Der Anwendungsfall einer Patientenverfügung ist nach § 1827 Abs. 1 BGB dann gegeben, wenn der Patient in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen oder Eingriffe einwilligt oder sie untersagt. Stehen dagegen ärztliche Maßnahmen unmittelbar bevor und ist der Betroffene einwilligungsfähig, ist nach wie vor die mündliche Einwilligung maßgebend, die Vorrang vor der möglicherweise bereits bestehenden (ggf. inhaltlich auch anders lautenden) Patientenverfügung hat.
2. Volljährigkeit
Rz. 8
Weitere Voraussetzung für die verbindliche Patientenverfügung ist nach § 1827 Abs. 1 BGB die Volljährigkeit des Verfügenden. Keine wirksame Patientenverfügung sind Behandlungswünsche eines Minderjährigen, auch wenn dieser an sich einwilligungsfähig ist. Diese können dennoch rechtliche Relevanz haben, wenn sich den schriftlich niedergelegten Behandlungswünschen der Wille des Patienten entnehmen lässt. Denn nach § 1827 Abs. 2 S. 3 BGB sind bei Nichtvorliegen einer (wirksamen) Patientenverfügung insbesondere frühere Äußerungen, ethische oder religiöse Überzeugungen und sonstige persönliche Wertvorstellungen des Betreuten zu berücksichtigen (vgl. § 1827 Abs. 2 BGB), so dass auf diesem Wege mittelbar die geäußerten Behandlungswünsche des Minderjährigen Beachtung finden können.
3. Schriftform
Rz. 9
Eine Patientenverfügung i.S.d. § 1827 BGB bedarf stets der Schriftform. Davon zu unterscheiden ist die Vorsorgevollmacht in Gesundheitsangelegenheiten. Für diese ist die bisher in § 1904 Abs. 5 BGB ebenfalls zwingende Schriftform bei der Einwilligung bzw. Untersagung von Maßnahmen nach § 1829 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB nunmehr in § 1820 Abs. 2 Nr. 1 BGB normiert.
Rz. 10
Die Patientenverfügung muss nicht handschriftlich abgefasst werden. Auch ist die Verwendung eines Musters möglich, wobei Formulare hinsichtlich der Bestimmtheitsanforderungen der Rechtsprechung mittlerweile an ihre Grenzen geraten können (Rdn 17 ff.). Sie muss jedoch zwingend eigenhändig unterschrieben sein.
Rz. 11
Für die Wirksamkeit der Patientenverfügung ist nicht zwingend erforderlich, dass diese mit Datum und Ort versehen ist. Allerdings können aufgrund von Zeit- und Ortsangaben Rückschlüsse gezogen werden, ob die Handlungsanweisungen wegen ihrer zeitlichen und räumlichen Nähe auf die konkrete Lebens- und Behandlungssituation zutreffen. Daher empfiehlt es sich, in der Patientenverfügung immer Ort und Datum der Errichtung anzugeben. Aus demselben Grund empfiehlt es sich weiterhin den Inhalt der Verfügung in regelmäßigen Zeitabständen (z.B. einmal im Jahr) mit einer Unterschrift zu bestätigen, auch wenn die Patientenverfügung grundsätzlich nicht durch das Unterlassen dieser Maßnahme ihre Wirksamkeit verliert.
Rz. 12
Rechtlich ist es weder erforderlich die Unterschrift durch Zeugen bestätigen zu lassen oder notariell beurkunden zu lassen oder generell die gesamte Patientenverfügung notariell beurkunden zu lassen. Letzteres bietet sich allerdings an, um Zweifel an der Einsichts- und Urteilsfähigkeit (z.B. einer Person mit beginnender Demenz) im Zeitpunkt der Errichtung zu vermeiden.
4. Vorausgehende ärztliche Aufklärung und Beratung
Rz. 13
Das Gesetz sieht im Rahmen der Erstellung einer Patientenverfügung keine Pflicht zur ärztlichen Beratung oder Aufklärung vor. In der Begründung zum Gesetzesentwurf des Dritten Betreuungsrechtsänderungsgesetzes wurde allerdings darauf hingewiesen, dass die Einwilligung in eine ärztliche Maßnahme stets der ärztlichen Aufklärung bedarf, um wirks...