Dr. iur. Olaf Lampke, Manfred Ehlers
a) Allgemeines
Rz. 1627
Die Informations- und Auskunftsansprüche gem. § 81 BetrVG sollen das Interesse des Arbeitnehmers an seinem Arbeitsplatz und den damit in Zusammenhang stehenden Fragen wecken, erhalten und fördern. Sinn und Zweck ist es, dem Arbeitnehmer einen Einblick in den Gesamtzusammenhang zu ermöglichen, in dem seine individuelle Arbeitsleistung steht, ihn also nicht zum bloßen Objekt von Direktionsmaßnahmen Vorgesetzter werden zu lassen. Zum Geltungsbereich der §§ 81 ff. BetrVG, die die Unterrichtungspflichten des Arbeitgebers betreffen, kann auf die allgemeinen Bemerkungen zu § 82 BetrVG (s.o. Rdn 126 ff.) verwiesen werden. Zudem erwachsen aus dem Arbeitsvertrag auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Vertragsteils. Jedem Arbeitsverhältnis wohnt die Nebenpflicht des Arbeitgebers inne, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitnehmers so zu wahren, wie dies unter Berücksichtigung der Interessen und Belange beider Vertragspartner sowie der anderen Arbeitnehmer nach Treu und Glauben verlangt werden kann. Diese Rücksichtnahmepflicht des Arbeitgebers auf die Rechte und Rechtsgüter der Arbeitnehmer gilt für alle schutzwürdigen Interessen, so auch für Vermögensinteressen (vgl. BAG v. 27.1.2011 – 8 AZR 280/09, NZA 2011, 1312 = DB 2011, 1060; BAG v. 11.3.2008 – 3 AZR 358/06, NZA 2009, 790 = DB 2008, 2369).
Rz. 1628
Bei Verweigerung der Unterrichtung kann der Arbeitnehmer seine Leistung nach § 273 BGB ohne Verlust seines Lohnanspruches (§§ 298, 615 BGB) zurückbehalten, bis eine ordnungsgemäße Einweisung erfolgt (MünchArbR/v. Hoyningen-Huene, § 303 Rn 13; DKKW/Klebe, BetrVG, § 81 Rn 15; einschränkend jedoch Richardi, § 81 Rn 22). Da der Arbeitnehmer einen individualrechtlichen Anspruch auf Vornahme der Unterrichtung hat, ist diese auch im Urteilsverfahren einklagbar (Schaub, ArbRHB, § 234 VIII; GK-BetrVG/Wiese, Vorbem. 38 Rn 23).
b) Unterrichtung über Aufgabe und Verantwortung, Art der Tätigkeit und Einordnung in den Arbeitsablauf
Rz. 1629
Gem. § 81 Abs. 1 S. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seine Aufgabe und Verantwortung, die Art seiner Tätigkeit und ihre Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebes zu unterrichten. Diese Unterrichtung ist keine höchstpersönliche Pflicht des Arbeitgebers. Es genügt eine Einweisung bzw. Unterrichtung des Arbeitnehmers durch qualifizierte Vorgesetzte (Abteilungsleiter, Meister usw. vgl. MüKo/Hoyningen-Huene, § 295 Rn 12 S. 850). Der Arbeitgeber ist für eine ordnungsgemäße Unterrichtung verantwortlich (ErfK/Kania, § 81 BetrVG Rn 5).
Rz. 1630
Die Unterrichtung soll vor Aufnahme der Arbeit im Betrieb erfolgen. Das Gebot der Verständlichkeit ist insb. bei ausländischen Arbeitnehmern zu beachten, die erforderlichenfalls in ihrer Heimatsprache belehrt werden müssen (LAG Mainz v. 24.1.2006, AuA 2006, 562). Eine allgemeine Einführung im Rahmen eines Vorstellungsgespräches wird hingegen dem Zweck des § 81 BetrVG nicht gerecht (Fitting, § 81 BetrVG Rn 3).
Rz. 1631
Die Unterrichtung hinsichtlich der Aufgaben des Arbeitnehmers muss auf seine Tätigkeit zugeschnitten sein und soll sich in erster Linie auf Arbeitsplatz und Arbeitsgerät beziehen. Bei der Aufklärung über die Verantwortung geht es sowohl um die fachliche, auf das zu erzielende Arbeitsergebnis bezogene Verantwortung, als auch um diejenige ggü. anderen Arbeitnehmern.
c) Unterrichtung über Unfall- und Gesundheitsgefahren
Rz. 1632
Nach § 81 Abs. 1 S. 2 BetrVG bezieht sich die Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers auch auf mögliche Unfall- und Gesundheitsgefahren und Maßnahmen und Einrichtungen zu deren Abwendung. Die Belehrung muss rechtzeitig in eindringlicher und verständlicher Weise erfolgen, das bloße Verteilen oder Verlesen von Merkblättern genügt nicht (Bächler, DB 1973, 1402). Für ausländische Mitarbeiter gilt das unter Rdn 1630 Gesagte.
Rz. 1633
Treten wegen Verletzung der Belehrungspflicht arbeitsbedingte Schäden ein, die eine Belehrung hätte verhindern können, muss der Arbeitnehmer keinen Schadensersatz leisten. Der Arbeitgeber ist vielmehr selbst schadensersatzpflichtig, wenn dem Arbeitnehmer ein Schaden entsteht. Eine solche Ersatzpflicht kann sich sowohl aus der Verletzung eines betriebsverfassungsrechtlichen Individualrechtes als auch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 81 Abs. 1 S. 2 BetrVG ergeben (Schaub, ArbRHB, § 234 II), einschränkend sind jedoch die §§ 104 ff. SGB VII zu beachten. Auch eine Ersatzpflicht des Arbeitgebers gem. § 110 Abs. 1 SGB VII ggü. der BG kommt in Betracht.
Rz. 1634
Da die Unterrichtungspflicht nach § 81 Abs. 1 S. 2 BetrVG zugleich eine personenbezogene Maßnahme des betrieblichen Arbeitsschutzes ist, die besonders geeignet ist, das sicherheitsgerechte Verhalten des Arbeitnehmers zu beeinflussen, sind in diesem Rahmen insb. die allgemeinen Vorschriften zur Unfallverhütung (z.B. § 12 ArbSchG, § 29 JArbSchG, §§ 20, 21 GefStoffV, § 39 Abs. 1 StrlSchV und § 6 Abs. 1 Nr. 5 StörfallVO) zu beachten. Bestehen keine derartigen Sondervorschriften zur Konkretisierung der Unterrichtungspflicht, hat der Arbeitgeber seine genaue Ausgestaltung selbst festzule...