Dr. iur. Olaf Lampke, Manfred Ehlers
a) Allgemeines
Rz. 204
Der Begriff des Arbeitsunfalls ist im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung von großer Bedeutung. Nur wenn ein Arbeitsunfall (oder eine Berufskrankheit) vorliegt, ist der Arbeitgeber i.d.R. von seiner Haftung ggü. dem Arbeitnehmer oder seinen Angehörigen frei (§§ 104 ff. SGB VII). Gleichzeitig setzt der Anspruch eines versicherten Arbeitnehmers auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung – vor allem auf Verletztengeld nach § 45 SGB VII – einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit voraus. Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten sind in § 7 SGB VII als Versicherungsfälle definiert.
Rz. 205
Aufgrund des Unfallversicherungsmodernisierungsgesetzes (UVMG) wurde das sog. erweiterte Meldeverfahren in der Unfallversicherung eingeführt. Zweck ist die risikogerechte Verteilung des Beitrags zur Berufsgenossenschaft und langfristig zu stabilen Versichertengemeinschaften zu kommen. Zuständig für die Prüfung der Meldung zur Unfallversicherung ist die Rentenversicherung. Es obliegt dem Arbeitgeber, der Rentenversicherung arbeitnehmerbezogene Daten zur Unfallversicherung zu melden. Die Rentenversicherung soll dadurch in der Lage sein, bei Betriebsprüfungen auch die Arbeitgebermeldungen zur Berufsgenossenschaft prüfen zu können.
Regelmäßig anzugebene Daten sind:
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der Name der Berufsgenossenschaft, |
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die Gefahrtarifstelle, in der der Beschäftigte arbeitet, |
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das Entgelt, das auf diesen Beschäftigten entfällt, |
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die von dem betreffenden Beschäftigten geleisteten Arbeitsstunden sowie |
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die Betriebsnummer bei der Berufsgenossenschaft. |
Eine Meldung hat auch zu erfolgen, wenn der Beschäftigte abgemeldet wird oder z.B. die Krankenkasse wechselt.
Rz. 206
Außerdem bestimmt das UVMG, dass das Insolvenzgeld nunmehr von den Krankenkassen eingezogen wird. Insolvenzgeld erhalten Arbeitnehmer im Fall der Insolvenz ihres Arbeitgebers als Ausgleich für offene Entgeltansprüche. Es wird von den Agenturen für Arbeit direkt an den Arbeitnehmer ausgezahlt.
b) Definition des Arbeitsunfalls und der Berufskrankheit
Rz. 207
Nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten, die sie infolge einer kraft Gesetzes, kraft Satzung oder aufgrund freiwilliger Versicherung gem. §§ 2, 3, 6 SGB VII versicherten Tätigkeit erleiden. Ein Arbeitsunfall i.S.d. § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII liegt vor, wenn es sich bei dem schädigenden Ereignis um einen Unfall handelt, ein innerer Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall besteht und der eintretende Schaden ursächlich auf den Unfall zurückzuführen ist (näher hierzu Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/Holtstraeter, SGB VII § 8 Rn 6 ff.).
Rz. 208
Von einer Berufskrankheit ist gem. § 9 Abs. 1 S. 1 SGB VII bei Krankheiten auszugehen, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung (Berufskrankheitenverordnung/BKV) als solche bezeichnet und den die Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden.
Eine Berufskrankheit ist jede Krankheit, die in der Berufskrankheiten-Liste (BK-Liste) als solche definiert ist, § 1 Abs. 1 BKV. Sie ist zu unterscheiden von arbeitsbedingten Erkrankungen, die im Einzelfall im Zusammenhang mit der Arbeit auftreten können, aber als Ausdruck des allgemeinen Lebensrisikos gelten und von den Krankenkassen getragen werden müssen (Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/Holtstraeter, SGB VII § 9 Rn 2 f.).
Rz. 209
Versicherte Tätigkeit ist auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit bzw. des von einem unmittelbaren Weg von und nach dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um Kinder von Versicherten (§ 56 SGB I), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen der beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen. Gleiches gilt auch für das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und zu der ständigen Familienwohnung, wenn der Versicherte wegen der Entfernung der Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft hat. Zur versicherten Tätigkeit zählt § 8 Abs. 2 Nr. 5 SGB VII darüber hinaus das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgerätes oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn dies auf Veranlassung des Unternehmers erfolgt.
c) Unfall
Rz. 210
Nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Ein Arbeitsunfall setzt damit voraus, dass ein Unfall eingetreten ist. Ein Unfall ist ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden und zum Tod führt (§ 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII), wobei gem. Abs. 3 als Gesundheitsschaden auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels gelten (s. hierzu BSG v. 26.6.2014 – B 2 U 4/13 R m.w.N.).
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