Dr. iur. Olaf Lampke, Manfred Ehlers
a) Unmöglichkeit
Rz. 611
Die Entgeltfortzahlung ohne Arbeitsleistung stellt die Ausnahme vom Grundsatz "Ohne Arbeit kein Lohn" dar. Gem. § 280 Abs. 1 BGB n.F. haftet der Schuldner wegen jeder Pflichtverletzung, soweit er nicht beweisen kann, dass er diese nicht zu vertreten hat. Nach § 276 Abs. 1 BGB hat der Schuldner grds. Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, doch kann sich ein strengerer oder milderer Maßstab aus einer Vereinbarung oder aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses ergeben. Die Ersatzpflicht kann auch dann entstehen, wenn der Schuldner die Unmöglichkeit seiner Leistung zu vertreten hat. Dabei kommt es nach dem neu gefassten § 275 Abs. 1 BGB nicht darauf an, ob objektive Unmöglichkeit oder subjektives Unvermögen vorliegt. Nach § 275 Abs. 1 BGB n.F. ist der Anspruch auf Leistung ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist. Es spielt nunmehr auch keine Rolle mehr, ob das Leistungshindernis schon bei Vertragsabschluss besteht oder erst später eintritt. § 311a Abs. 1 BGB n.F., wonach der Gläubiger (beim Leistungshindernis bei Vertragsschluss) nach seiner Wahl Schadensersatz statt der Leistung oder Ersatz seiner Aufwendungen in dem in § 284 BGB bestimmten Umfang verlangen kann, stellt klar, dass entgegen der bisherigen Bestimmung des § 306 BGB der Vertrag als solcher auch bei anfänglicher objektiver Unmöglichkeit wirksam ist. Gleichzeitig ergibt sich aus der allgemeinen Regel des § 280 Abs. 1 BGB n.F., dass bei ursprünglichem Unvermögen nur bei "Vertreten-Müssen" gehaftet wird.
Rz. 612
Häusliche Quarantäne-Anordnungen oder beruflichen Tätigkeitsverbote machen die Arbeitsleistung rechtlich unmöglich, wenn sie nicht aus dem Homeoffice erbracht werden können. Der Vergütungsanspruch nach § 326 Abs. 1 BGB entfällt, wenn nicht Lohnfortzahlungstatbestände diesen aufrechterhalten. § 56 IfSG greift dies als staatliche Entschädigungsnorm auf. Entscheidend im Fall der Quarantäne ist die "verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit". In Quarantänefällen wird zumeist der Arbeitgeber wirtschaftlich in die Pflicht genommen, sofern keine Abbedingung nach § 616 BGB vorliegt.
b) Annahmeverzug und vorübergehende Verhinderung
Rz. 613
→ Arbeitsverhinderung (Rdn 242 ff.); → Annahmeverzug (Rdn 142 ff.).
c) Urlaubsentgelt
Rz. 614
Der Urlaubsanspruch ist ein privatrechtlicher Anspruch auf Befreiung von der Arbeitspflicht bei Fortzahlung der Vergütung in Gestalt des zu zahlenden Urlaubsentgeltes, § 11 BUrlG (vgl. unten Rdn 1713 ff.). Er ist unabdingbar, unverzichtbar und auch durch Tarifvertrag nur zugunsten des Arbeitnehmers abänderbar (§ 13 Abs. 1 BUrlG). Die Tarifvertragsparteien dürfen abweichend von der Berechnungsmethode zu § 11 Abs. 1 BUrlG für die Bemessung des Urlaubsentgeltes den konkreten Lohnausfall heranziehen. Ebenso dürfen sie regeln, das Urlaubsentgelt nach dem Durchschnitt der letzten vor der Urlaubsgewährung abgerechneten 12 Kalendermonate zu bemessen (sog. Referenzmethode). Das gilt auch für den gesetzlichen Mindesturlaub. Allerdings steht es den Tarifvertragsparteien frei, eine Berechnungsmethode (Lohnausfallprinzip oder Referenzmethode) für das während des Urlaubes zu gewährende Entgelt festzulegen (vgl. BAG v. 3.12.2002, NZA 2003, 1219).
Rz. 615
Der Urlaubsanspruch entsteht, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht und die Wartezeit erfüllt ist. Unerheblich dabei ist, ob der Arbeitnehmer im Urlaubsjahr langfristig krank war. Da der Urlaubsanspruch nur als Anspruch auf Freistellung von der Arbeit zu verstehen ist, ist für diesen der Umfang der vom Arbeitnehmer im Urlaubsjahr erbrachten Arbeitsleistungen unerheblich (BAG v. 28.1.1982, NJW 1982, 1548 = DB 1982, 1065). Das BAG hat in seiner Entscheidung v. 24.3.2009 (9 AZR 983/07, NZA 2009, 538–547 = NJW 2009, 2238; dem EuGH v. 20.1.2009 – Rs. C-350/06 "Schultz-Hoff", DB 2009, 234 = NJW 2009, 495 folgend) die Rechtsprechung zur Urlaubsabgeltung bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit geändert. Der Urlaubs(abgeltungs)anspruch bleibt bestehen, auch wenn der Urlaub wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht genommen werden konnte. Eine unbegrenzte Übertragung des Urlaubs über mehrere Bezugszeiträume hinweg ist mit dem Erholungszweck des Urlaubsanspruches jedoch nicht vereinbar. Ein Übertragungszeitraum von 15 Monaten ist mindestens erforderlich (EuGH v. 22.11.2011 – C-214/10 "Schulte"). Das BAG v. 7.8.2012 – 9 AZR 353/10 stellte klar, dass grenzenloses Ansammeln von Urlaub bei langzeiterkrankten Arbeitnehmern nicht möglich ist. Der Erhalt des Urlaubsanspruchs in einem ruhenden Arbeitsverhältnis ist jedoch weiterhin ungeklärt. In Ruhensfällen, die nicht auf Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers beruhen, wird man wohl davon ausgehen können, dass Urlaubsansprüche entweder gar nicht entstehen oder aber jedenfalls unterjährig anteilig gekürzt werden dürfen, wenn das Ruhen auf einer Parteivereinbarung beruht oder der Sachverhalt mit einer einvernehmlichen Teilzeitkonstellation wie Elternzeit, Kurzarbeit, Pflegezeit, unbezahlter Freistellung oder Ähnlichem vergleichbar ist.
Resturlaub verfällt n...