Dr. iur. Olaf Lampke, Manfred Ehlers
a) Aufgabe und Zweck der Krankenversicherung
Rz. 1000
Die gesetzliche Krankenversicherung soll die Risiken der Krankheit der Versicherten absichern. Sie hat die Aufgabe, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu verbessern.
b) Rechtsquellen und Träger der Versicherung
Rz. 1001
Gesetzlich geregelt ist das Recht der Krankenversicherung im SGB V, im KVLG (für selbstständige Landwirte) und im KSVG (für Künstler und Publizisten). Die Krankenversicherung wird von den gesetzlichen Krankenkassen getragen. Sie sind als Körperschaften des öffentlichen Rechts finanziell und organisatorisch unabhängig. Ihre Zahl geht fortwährend zurück: Gab es 1970 noch 1.815 Krankenkassen, sind es Anfang 2021 nur noch 103.
c) Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit
Rz. 1002
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte sind kraft Gesetzes versicherungspflichtig (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Die Versicherungspflicht entfällt, wenn der Arbeitnehmer hauptberuflich eine selbstständige Tätigkeit ausübt, § 5 Abs. 5 SGB V. Dies ist gegeben, wenn die Tätigkeit von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und ihrem zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten deutlich übersteigt und den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit darstellt. Bei Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit einen Arbeitnehmer mehr als geringfügig beschäftigen, wird vermutet, dass sie hauptberuflich selbstständig tätig sind, § 5 Abs. 5 S. 2 SGB V.
Rz. 1003
Versicherungsfreiheit tritt auch ein, wenn das Jahresarbeitsentgelt des Arbeitnehmers die Jahresarbeitsentgeltgrenze (Pflichtversicherungsgrenze) übersteigt. Diese beträgt 2023 66.600 EUR/Jahr bzw. 5.550 EUR/Monat im gesamten Bundesgebiet (§ 6 Abs. 6 S. 4 SGB V, § 2 Abs. 1 Sozialversicherungsrechengrößen-Verordnung 2023). Versicherungsfrei sind auch Arbeitnehmer, die lediglich geringfügig beschäftigt sind und bisher nicht versicherungspflichtige ältere Personen (ab der Vollendung des 55. Lebensjahres – § 6 Abs. 3a SGB V).
Rz. 1004
Die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung, d.h. die Grenze, bis zu der höchstens Beiträge zu entrichten sind, liegt 2023 59.850 EUR/Jahr bzw. 4.987,50 EUR/Monat.
Rz. 1005
Arbeitnehmer, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen und ausnahmsweise nicht versicherungspflichtig sind (z.B., weil sie die Jahresarbeitsverdienstgrenze mit ihren Einkünften überschreiten oder hauptberuflich einer selbstständigen Tätigkeit nachgehen) können sich gem. § 9 SGB V freiwillig versichern. Dies ist allerdings nur möglich, wenn sie aus der Versicherungspflicht ausgeschieden sind und in den letzten fünf Jahren vor dem Ausscheiden mindestens 24 Monate bzw. unmittelbar vor dem Ausscheiden ununterbrochen mindestens 12 Monate versichert waren. Weitere Beitrittsmöglichkeiten bestehen unter bestimmten Voraussetzungen für Beschäftigte, deren Mitgliedschaft durch eine Beschäftigung im Ausland endete, für Schwerbehinderte und ehemals Familienversicherte (§ 9 Abs. 1 SGB V).
Rz. 1006
Sind die Arbeitnehmer weder pflicht- noch freiwillig versichert, können sie über ihre Eltern oder den Ehegatten familienversichert sein (§ 10 SGB V). Dies setzt allerdings u.a. voraus, dass sie nicht hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sind und kein Erwerbseinkommen erzielen, das ein Siebtel der Bezugsgröße (im Jahr 2021: 470 EUR/Monat in West- und Ostdeutschland) überschreitet. Für Beschäftigte in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV (s. § 16 Rdn 1811 ff.) beträgt der Grenzwert aktuell (Stand: 1.10.2022) 520 EUR im Monat.
Rz. 1007
Selbstständig Tätige können in der gesetzlichen Krankenversicherung nur ausnahmsweise versichert sein. Die Versicherungspflicht ist nach § 5 SGB V nur vorgesehen für Landwirte, Künstler und Publizisten. Auch zur freiwilligen Versicherung in der Krankenversicherung haben Selbstständige nur einen eingeschränkten Zutritt. Im Allgemeinen wird gefordert, dass sie bereits einmal versicherungspflichtig waren, aus der Versicherungspflicht ausgeschieden sind und in den letzten fünf Jahren vor dem Ausscheiden mindestens 24 Monate oder unmittelbar vor ihrem Ausscheiden ununterbrochen mindestens 12 Monate versichert waren.
Rz. 1008
§ 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sieht eine Auffang-Pflichtversicherung vor. Gesetzlich krankenversicherungspflichtig sind alle Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sind oder zu den in § 6 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB V aufgeführten Personen gehören (z.B. Arbeitnehmer, deren Jahresarbeitsverdienst über der Jahresarbeitsverdienstgrenze liegt, Beamte, Richter, Lehrer an privaten Ersatzschulen usw.).
Rz. 1009
Die Beiträge werden vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer je zur Hälfte getragen. Auch der sog. Zusatzbeitrag (§ 242 SGB V), der Krankenkassen individuell festgesetzt wird, wird seit 2019 paritätisch von beiden getragen. Der durchschnit...