Rz. 1518

Auch wenn das Direktionsrecht des Arbeitgebers i.d.R. sehr weit ist, orientiert sich die Arbeitsunfähigkeit und damit die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall an der geschuldeten Tätigkeit. In Ausübung des Direktionsrechtes kann daher der Arbeitgeber einen arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmer nicht zu einer seiner Meinung nach zumutbaren Arbeit heranziehen. So ist etwa der Arbeitgeber nicht berechtigt, einem Mitarbeiter, der sich den Arm gebrochen hat, während der dadurch bedingten Arbeitsunfähigkeit einen anderen Arbeitsplatz zuzuweisen, den er "einarmig" ausführen kann (LAG Hamm v. 20.7.1988, DB 1989, 1293 = NZA 1989, 600).

 

Rz. 1519

Das LAG München entschied jedoch, dass grds. der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechtes dem Arbeitnehmer eine Arbeit zuweisen kann, die seiner beschränkten Arbeitsfähigkeit entspricht (LAG München v. 31.7.1986, LAGE § 1 LohnFG Nr. 16 [LT 1–2]). Allerdings gerät der Arbeitgeber nicht in allen Fällen in Annahmeverzug, wenn er von seinem Direktionsrecht keinen Gebrauch macht. Eine Teilleistung kommt als geschuldete Leistung nur in Betracht, wenn sich aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ergeben sollte, dass es ihm ohne Weiteres möglich ist, dem Arbeitnehmer eine leichtere Arbeit zuzuweisen (ArbG Stuttgart v. 10.4.1996, NZA-RR 1996, 362).

 

Rz. 1520

Der 2. Senat des BAG sieht einen – ggf. ohne vorherige Abmahnung zur Kündigung berechtigenden – möglichen Vertragsverstoß eines Mitarbeiters auch darin, dass er seine "Restarbeitsfähigkeit" in seinem "Hauptarbeitsverhältnis" nicht richtig eingesetzt habe (BAG v. 26.8.1993, DB 1993, 2534). Die Arbeitsunfähigkeit orientiert sich an geschuldeter Tätigkeit (BAG v. 25.10.1973, BB 1974, 230 = DB 1974, 342; BAG v. 29.1.1992, EzA Nr. 1 zu § 74 SGB V). Weder im Arbeitsrecht noch im Sozialrecht findet sich eine gesetzliche Stütze für die Anerkennung einer Teilarbeitsunfähigkeit. Daher kann der Arbeitgeber in Ausübung seines Direktionsrechtes einem arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmer grds. keine andere Arbeit zuweisen.

 

Rz. 1521

Hingegen muss der Arbeitnehmer nach dem Prinzip der Beweisnähe Tatsachen darlegen, die den Schluss zulassen, es liege zwar eine eingeschränkte Arbeitsfähigkeit vor, aber keine krankheits- oder unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit. Ggf. mag er eine ärztliche Bescheinigung vorlegen, aus der sich seine Teilarbeitsfähigkeit ergibt, oder die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbinden (BAG v. 7.12.2005, NZA 2006, 880 = DB 2006, 1165).

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