Dr. iur. Olaf Lampke, Manfred Ehlers
Rz. 1114
Arbeitsvertragliche Mankoabreden regeln das "garantierte" Einstehen des Arbeitnehmers für einen Waren- oder Kassenfehlbestand, der in seinem Arbeits- und Kontrollbereich entstanden ist. Die Haftung soll unabhängig von einer festgestellten Pflichtverletzung und unabhängig von einem Verschulden des Arbeitnehmers begründet werden. "Verantwortlichkeit des Schuldners" nach § 276 BGB steht einer Mankoabrede nicht entgegen, sieht diese Bestimmung doch ausdrücklich vor, dass das Vertretenmüssen, das sich regelmäßig auf Vorsatz und Fahrlässigkeit bezieht, auf die Übernahme einer Garantie erstreckt werden kann.
Rz. 1115
Die ältere Rspr. des BAG hatte Mankoabreden unter der Voraussetzung für zulässig gehalten, dass das vertraglich übernommene erhöhte Risiko des Arbeitnehmers durch die Bezahlung eines Mankogeldes angemessen wirtschaftlich ausgeglichen wird (BAG v. 27.2.1970 – 1 AZR 150/69; BAG v. 22.11.1973 – 2 AZR 580/72). In seiner grundlegenden Entscheidung hat das BAG (v. 17.9.1998 – 8 AZR 175/97) demgegenüber einengend herausgestellt, dass Mankovereinbarungen wegen Verstoßes gegen die einseitig zwingenden Grundsätze der beschränkten Arbeitnehmerhaftung unwirksam sind, wenn und soweit dem Arbeitnehmer kein gleichwertiger Ausgleich geleistet wird oder wenn sie für Bereiche getroffen werden, auf die neben dem Arbeitnehmer auch andere Personen Zugriff haben (vgl. auch BAG v. 2.12.1999 – 8 AZR 386/98). Die Haftung aufgrund einer Mankoabrede darf danach die Summe der gezahlten Mankogelder nicht übersteigen, wobei allerdings die Vereinbarung mittel- oder langfristiger Ausgleichszeiträume von z.B. einem Kalenderjahr, durchaus zulässig ist (BAG v. 17.9.1998 – 8 AZR 175/97). Gegen eine Haftung aufgrund der Mankoabrede bis zur Höhe des für den bestimmten Zeitraum geleisteten oder noch zu leistenden Mankogeldes bestehen auch dann keine Bedenken, wenn der Schaden in dem betreffenden Zeitraum das Mankogeld übersteigt. Die Mankoabrede wird jedenfalls regelmäßig in diesem Sinne auszulegen sein, da kaum anzunehmen ist, dass die Vertragsparteien für geringe Schäden eine volle Haftung, für hohe Schäden dagegen keine Haftung begründen wollen (BAG v. 2.12.1999 – 8 AZR 386/98). Auch darf eine Mankoabrede nicht zur Unterschreitung von Tariflöhnen (§ 4 Abs. 3 TVG) oder des gesetzlichen Mindestlohnes nach dem MiLoG führen. Im Ergebnis läuft die Mankovereinbarungen begrenzende Rspr. des BAG darauf hinaus, dass der Arbeitnehmer die Chance einer zusätzlichen Vergütung für die erfolgreiche Verwaltung eines Waren- oder Kassenbestandes erhält (BAG v. 5.2.2004 – 6 AZR 667/02). Mankoabreden, die dem Arbeitnehmer ein über die allgemeine Mankohaftung hinausgehendes Risiko ohne entsprechenden Ausgleich auferlegen, werden regelmäßig als unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB anzusehen sein. Bei Unwirksamkeit der Mankoabrede gelten sodann die Regeln der allgemeinen Mankohaftung.
Rz. 1116
Auch die Bezahlung eines Mankogeldes rechtfertigt allerdings nicht jede ungewöhnliche Verlagerung des Unternehmerrisikos auf den Arbeitnehmer. Deshalb hat das BAG eine Mankovereinbarung, die vorsah, dass eine Verkäuferin verpflichtet sein sollte, anteilig für alle Fehlbeträge zu haften, solange der Schuldige nicht zweifelsfrei ermittelt sei, wie folgt missbilligt: "Eine Mankovereinbarung, nach der eine Verkäuferin unabhängig vom Verschulden anteilig für einen Fehlbestand haften soll, der in einer Verkaufsstelle festgestellt wird, in der neben ihr noch weitere Verkäuferinnen in Wechselschicht tätig sind, ist trotz Zahlung eines Mankogeldes sittenwidrig, wenn die Verkäuferin die nicht in ihrer Schicht eingesetzten Verkäuferinnen nicht in zumutbarer Weise überwachen kann und dem Arbeitgeber dieser Umstand bekannt ist" (BAG v. 22.11.1973 – 2 AZR 580/72).
Rz. 1117
Die Beweislast für die vertragliche Absprache einer Mankoabrede liegt bei dem Arbeitgeber, der sich auf ihr Eingreifen beruft (BAG v. 27.2.1970 – 1 AZR 150/69; BAG v. 17.9.1998 – 2 AZR 64/97; BAG v. 2.12.1999 – 8 AZR 386/98) und der darüber hinaus auch den Schaden und die haftungsbegründende Kausalität darlegen und beweisen muss.