Rz. 853

Adressat der Pflicht zur Gleichbehandlung ist der Arbeitgeber. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gilt nicht nur betriebsbezogen, sondern kann innerhalb desselben Unternehmens auch betriebsübergreifend Geltung beanspruchen (vgl. BAG v. 17.11.1998, NZA 1999, 606). Die Begrenzung auf den Betrieb allein findet nur seine Stütze in § 75 Abs. 1 S. 1 BetrVG, wonach Arbeitgeber und Betriebsrat darüber zu wachen haben, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insb., dass jede unterschiedliche Behandlung von Personen wegen ihrer Abstammung, Religion, Nationalität, Herkunft, politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechtes unterbleibt. Dadurch wird aber nicht die individualrechtliche Pflicht des Arbeitgebers zur Gleichbehandlung auf den Betrieb beschränkt. Begründet wird dies mit einer nicht immer einfach vorzunehmenden Abgrenzung zwischen Betriebsteil und selbstständigen Betrieb (ErfK/Preis, § 611 BGB Rn 724 m.w.N.). Unterschiedliche Betriebszugehörigkeiten können als Differenzierungsgrund Berücksichtigung finden, auch eine Differenzierung nach dem bisherigen Besitzstand (Weihnachtsgratifikation bei Betriebsübergang) ist nicht sachwidrig (BAG v. 31.8.2005, NZA 2006, 265). Zu beachten ist das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates zum Schutz der Angemessenheit und Durchsichtigkeit des innerbetrieblichen Lohngefüges und der Wahrung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit (§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG).

 

Rz. 854

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist immer dann anwendbar, wenn ein Arbeitgeber seine betriebliche Regelungs- und Ordnungsaufgabe eigenständig wahrnimmt. Dies kann auch dadurch geschehen, dass er mit einem Teil seiner Arbeitnehmer die Anwendbarkeit eines Tarifvertrages und damit die Geltung der sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten vereinbart, ohne selbst tarifgebunden zu sein.

 

Rz. 855

Nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob und inwieweit daneben ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Gleichbehandlung auch auf Art. 3 Abs. 1 GG gestützt werden kann (vgl. LAG Thüringen v. 28.9.1993, LAGE § 620 Gleichbehandlung Entsch. Nr. 1 m.w.N.). Angesichts des "Mangold"-Urteiles sprach sich der EuGH (v. 22.11.2005, NJW 2005, 3695) i.R.d. Überprüfung des TzBfG anhand des "europäischen Grundrechtes auf Antidiskriminierung" für ein umfassendes Prüfungsrecht durch den EuGH aus. Zu beachten ist daher, dass deutsche Rechtsvorschriften vor dem EuGH umfassend auf den Aspekt des Diskriminierungsverbotes überprüft werden können. Ein Arbeitgeber kann sich daher nicht allein darauf verlassen, dass ein nationales Gesetz tatsächlich auch gilt oder wie im EuGH-Urteil auf den Wortlaut des § 14 Abs. 3 TzBfG vertrauen.

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