Dr. iur. Olaf Lampke, Manfred Ehlers
Rz. 1414
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI sind kraft Gesetzes in der gesetzlichen Rentenversicherung Personen versicherungspflichtig, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind. § 1 SGB VI enthält einen weiten Katalog von Personen, die pflichtversichert sind.
Rz. 1415
Die Versicherungspflicht erstreckt sich aber nicht nur auf abhängig beschäftigte Arbeitnehmer, sondern gem. § 2 SGB VI auch auf bestimmte Selbstständige, wie z.B. selbstständig tätige Lehrer und Erzieher, Pflegepersonen, Künstler und Publizisten, Hausgewerbetreibende, in die Handwerksrolle eingetragene Gewerbetreibende und Personen (sog. "arbeitnehmerähnliche" Selbstständige), die keine Arbeitnehmer beschäftigen und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind (§ 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI).
Rz. 1416
Versicherungspflichtig nach § 3 SGB VI sind des Weiteren Personen in der Zeit, für die ihnen Kindererziehungszeiten anzurechnen sind, in der sie einen Pflegebedürftigen nicht erwerbsmäßig wenigstens 14 Stunden in der Woche in seiner häuslichen Umgebung pflegen, Wehr- und Zivildienstleistende, Bezieher von Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld oder Alg, wenn sie zuletzt versicherungspflichtig waren. Bezieher von Alg II sind seit dem 1.1.2011 nicht versicherungspflichtig.
Rz. 1417
Besteht für die vorgenannte Personen eine Versicherungspflicht kraft Gesetzes, kennt das Rentenversicherungsrecht in § 4 SGB VI auch eine Versicherungspflicht kraft Antrages. Unter diese Bestimmung fallen z.B. Entwicklungshelfer, Deutsche, die für eine begrenzte Zeit im Ausland beschäftigt sind usw.
Rz. 1418
Den Antrag auf Versicherungspflicht können auch Selbstständige stellen, wenn sie dies innerhalb von fünf Jahren nach Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit oder dem Ende einer Versicherungspflicht aufgrund dieser Tätigkeit tun (§ 4 Abs. 2 SGB VI).
Rz. 1419
Versicherungsfreiheit nach § 5 SGB VI besteht demgegenüber für Beamte, Richter usw., aber auch für Personen, wenn sie nur eine geringfügige Beschäftigung ausüben oder eine Vollrente wegen Alters beziehen (s. dazu § 5 SGB VI).
Rz. 1420
Eine Befreiung von der Versicherungspflicht kraft Gesetzes wegen Überschreitens der Jahresentgeltgrenze wie in der gesetzlichen Krankenversicherung kennt die Rentenversicherung nicht.
Rz. 1421
Auf Antrag können sich Arbeitnehmer und Selbstständige von der Versicherungspflicht befreien lassen, wenn sie einer berufsständischen Versorgungseinrichtung angehören (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI). Dies kann für Rechtsanwälte, Ärzte, Architekten, Apotheker usw. von Bedeutung sein. Auf die Rechtsprechung des BSG v. 3.4.2014 zum weitgehenden Ausschluss von Syndikusanwälten von der Mitgliedschaft im anwaltlichen Versorgungswerk und ihre Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung (5 RE 3/14 R, 9/14 R und 13/14 R) und die daraufhin gefundenen Lösungsmöglichkeiten des Gesetzgebers wird verwiesen (s. vor allem Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte v. 21.12.2015, BGBl I, 2517). Sie bestehen im Wesentlichen in der Schaffung des sog. Syndikusrechtsanwalts (§ 45c BRAO). Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung, wenn die für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständig oberste Verwaltungsbehörde das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt hat. Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Befreiungsantrags an (§ 6 Abs. 4 SGB VI).
Hinweis
Im Gegensatz zum Recht der RVO wirkt eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI nicht personenbezogen, sondern ist an die jeweilige Tätigkeit/das jeweilige Beschäftigungsverhältnis geknüpft (BSG v. 31.10.2012 – B 12 R 3/11 R). Irrelevant ist daher, dass ein Betroffener durchgängig z.B. approbierter Arzt ist. Wechselt er seinen Arbeitgeber, ist demnach eine neue Befreiung zu beantragen.
Rz. 1422
Personen, die nicht versicherungspflichtig sind, können sich nach § 7 SGB VI für Zeiten von der Vollendung des 16. Lebensjahres an freiwillig versichern. Das Recht steht Arbeitnehmern und selbstständig Tätigen gleichermaßen zu.