Dr. iur. Olaf Lampke, Manfred Ehlers
Rz. 844
Die Schutz- und Rücksichtnahmepflicht beinhaltet die Pflicht des Arbeitgebers zur Aufklärung des Arbeitnehmers, soweit der Arbeitnehmer über Bestehen und Umfang seiner Rechte im Ungewissen ist und der Arbeitgeber die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderlichen tatsächlichen Angaben unschwer machen kann (BAG v. 14.7.2005 – 8 AZR 300/04, NZA 2005, 1298 = DB 2005, 2357; BAG v. 19.4.2005 – 9 AZR 188/04, NZA 2005, 983 = DB 2005, 1691). So ist der Arbeitgeber z.B. verpflichtet, dem Arbeitnehmer, dem er ein Dienstfahrzeug auch zur privaten Nutzung überlassen hat, Auskunft über die tatsächlich mit der Fahrzeughaltung verbundenen Kosten zu erteilen, wenn die Auskunft für den Arbeitnehmer steuerrechtlich relevant sein kann (BAG v. 19.4.2005 – 9 AZR 188/04, NZA 2005, 983 = DB 2005, 1691). Dagegen hat das BAG entschieden, dass der Arbeitgeber bei Abschluss eines Arbeitsvertrages, der einen Einsatz des Arbeitnehmers im Ausland vorsieht, grds. nicht von sich aus darauf hinweisen muss, dass ab einer bestimmten Aufenthaltsdauer in einem ausländischen Staat dort eine Verpflichtung zur Abführung von Lohnsteuern entstehen kann (BAG v. 22.1.2009 – 8 AZR 161/08, NZA 2009, 608 = BB 2009, 949). Weiterhin besteht auch keine allgemeine Pflicht des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer bei Vertragsverhandlungen eine wirtschaftliche Bedrängnis zu offenbaren, wenn die wirtschaftliche Lage des Unternehmens die Durchführung des Arbeitsverhältnisses nicht gefährdet (LAG Rheinland-Pfalz v. 9.10.2012 – 3 Sa 247/12, juris). Der Arbeitgeber ist auch nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer von sich aus auf den Anspruch auf Entgeltumwandlung nach § 1a BetrAVG hinzuweisen (BAG v. 21.1.2014 – 3 AZR 807/11, juris). Dem Arbeitgeber obliegt es auch nicht, den geringfügig Beschäftigten darauf hinzuweisen, dass er nicht von der Möglichkeit im Rahmen des § 40a Abs. 2 EstG Gebrauch macht, statt der "normalen" individuellen Besteuerung nach Lohnsteuerkarte die Pauschalbesteuerung zu wählen (BAG v. 13.11.2014 – 8 AZR 817/13, juris). Sofern der Arbeitgeber jedoch Auskünfte erteilt, so müssen diese richtig, eindeutig und vollständig sein (BAG v. 18.2.2020 – 3 AZR 2016/18 [betriebliche Altersversorgung]).
Rz. 845
Grds. ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer vor Abschluss eines Aufhebungsvertrages auf mögliche versorgungsrechtliche oder sozialrechtliche Konsequenzen hinzuweisen, da sich der Arbeitnehmer selbst über die rechtlichen Folgen Klarheit zu verschaffen hat (BAG v. 11.12.2001 – 3 AZR 339/00, NZA 2002, 1150 = DB 2002, 2387). Eine Aufklärungspflicht ist ausnahmsweise zu bejahen, wenn der Arbeitgeber den Aufhebungsvertrag vorschlägt, ein erhebliches Informationsgefälle zwischen den Parteien besteht und dem Arbeitnehmer bei Abschluss des Vertrages außergewöhnlich hohe Versorgungseinbußen drohen (BAG v. 17.10.2000 – 3 AZR 605/99, NZA 2001, 206 = DB 2001, 286).