Dr. iur. Olaf Lampke, Manfred Ehlers
Rz. 858
Vom arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz werden die Themen Gleichberechtigung, Frauenquote, Einstellung, Tarifvertrag, Arbeitsvergütung, Arbeitszeit, Gratifikationen, Weisungsrecht, Altersversorgung und Kündigung anerkannt.
aa) Gleichbehandlung und Gleichberechtigung
Rz. 859
Der Grundsatz der Lohngleichheit für Frauen und Männer (Art. 3 Abs. 3 GG; Art. 119 EGV, Art. 1 RL 75/117/EWG, § 612 Abs. 3 BGB a.F.) leitet sich nunmehr aus den §§ 7, 1 Abs. 1 Nr. 2, 6 Abs. 1, Abs. 2 AGG her. Gem. der Übergangsvorschrift des § 33 AGG ist im Hinblick auf Benachteiligungen nach § 612 Abs. 3 BGB a.F. allerdings das vor dem 18.8.2006 geltende Recht maßgeblich.
bb) Gleichbehandlung und Frauenquote
Rz. 860
Viel Beachtung fand die Entscheidung des EuGH (v. 17.10.1995, NZA 1995, 1095). Danach steht Art. 2 Abs. 1 und 4 RL 76/207/EWG des Rates v. 9.2.1976 einer nationalen Regelung entgegen, nach der bei gleicher Qualifikation von Bewerbern unterschiedlichen Geschlechtes um die Beförderung in Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, den weiblichen Bewerbern automatisch der Vorrang eingeräumt wird, wobei eine Unterrepräsentation dann vorliegen soll, wenn in den einzelnen Vergütungsgruppen der jeweiligen Personalgruppe nicht zumindest zur Hälfte Frauen vertreten sind und dies auch für die nach dem Geschäftsverteilungsplan vorgesehenen Funktionsebenen gelten soll.
Rz. 861
Das BAG war in dem dem EuGH vorgelegten Fall der "Bremer Frauenquotenregelung" (§ 4 des Gesetzes zur Gleichstellung von Mann und Frau im öffentlichen Dienst des Landes Bremen, BremGBl, 433) der Auffassung, dass es sich hierbei nicht um ein System starrer Quoten handele, das einen bestimmten Prozentsatz zu besetzender Stellen für Frauen unabhängig von deren Qualifikation reserviere. Die vorrangige Berücksichtigung von Frauen sei nur für den Fall vorgesehen, dass zuvor die gleiche Qualifikation von weiblichen und männlichen Bewerbern festgestellt worden sei. Die Bremer Frauenquotenregelung sei grundgesetzkonform dahin gehend auszulegen, dass Frauen bei der Beförderung grds. zu bevorzugen seien, dass aber in bestimmten Härtefällen eine Ausnahme von dieser Bevorzugung zu machen sei.
Rz. 862
Auf der Basis der Vorgaben des EuGH hat das BAG diesen Fall entschieden, wonach die Quotenregelung des Bremer Landesgleichstellungsgesetzes (§ 4 Abs. 2 S. 2 LGG) mit dem Recht der EU unvereinbar ist, weil sie weiblichen Bewerbern um eine Beförderungsstelle automatisch den Vorrang einräumt, wenn sie gleich qualifiziert sind wie die männlichen Bewerber (BAG v. 5.3.1996, NZA 1996, 751 = NJW 1996, 2529).
cc) Gleichbehandlung bei der Einstellung
Rz. 863
Der Arbeitgeber verletzt regelmäßig das Benachteiligungsverbot wegen des Geschlechtes, wenn er bei Auswahlentscheidungen das Geschlecht des ausgeschlossenen Arbeitnehmers zu dessen Lasten berücksichtigt. Dies gilt insb. bei der Auswahl der angestellten Lehrkräfte, denen er ohne Änderung des Aufgabengebietes eine Besserstellung in Vorsorge- und Beihilfeangelegenheiten gewährt (BAG v. 14.8.2007, NZA 2008, 99). Verstößt ein Arbeitgeber gegen die allgemeine Gleichbehandlungsverpflichtung, ist er zum Ersatz des dem Arbeitnehmer entstandenen Vertrauensschadens verpflichtet (BAG v. 14.3.1989, BB 1989, 2187 = NJW 1990, 65 = NZA 1990, 21).
dd) Tarifvertrag und allgemeiner Gleichheitssatz
Rz. 864
Mit der Tarifautonomie ist den Tarifvertragsparteien die Macht verliehen, wie ein Gesetzgeber Normen zu schaffen. Dementsprechend müssen sie sich auch wie der Gesetzgeber an die zentrale Gerechtigkeitsnorm des Art. 3 Abs. 1 GG halten (zuletzt BAG v. 7.3.1995, NZA 1996, 48 = DB 1995, 2020; BAG v. 7.11.1995, RdA 1996, 259). Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz liegt vor, wenn im Wesentlichen gleich liegende Sachverhalte ohne sachlich einleuchtenden Grund unterschiedlich behandelt werden. Dabei kommt es darauf an, ob sich aus dem von den Tarifvertragsparteien verfolgten Zweck der Leistung Gründe herleiten lassen, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, der einen Arbeitnehmergruppe eine Leistung vorzuenthalten, die der anderen Gruppe eingeräumt worden ist (st. Senatsrechtsprechung, vgl. etwa BAG v. 28.5.1996, BB 1996, 2628 = NZA 1997, 101; BAG v. 20.6.1995, NZA 1996, 597 = DB 1996, 685).
ee) Gleichbehandlung im Bereich der Vergütung
Rz. 865
Der Grundsatz "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" ist in der deutschen Rechtsordnung keine allgemeingültige Anspruchsgrundlage (BAG v. 21.6.2000, NZA 2000, 1050 f.). Im Bereich der Vergütungszahlung kommt der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zur Anwendung, wenn es sich um individuell vereinbarte Löhne und Gehälter handelt und der Arbeitgeber nur einzelne Arbeitnehmer besserstellt (BAG v. 13.2.2002, NZA 2003, 215). Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind bei der Vergütung wie auch anderen individuell vereinbarten Vertragsbedingungen (geldwerte Vorteile, z.B. private Nutzung von Handy und Pkw) bis hin zur Grenze der Sittenwidrigkeit frei. Verboten sind die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe und vor allem eine sachfremde Gruppenbildung. Berücksichtigt ein Arbeitgeber bei einer Sonderzahlung unterschiedliche Arbeitsbedingungen von Arbeitnehmern und bezweckt er mit ...