Dr. iur. Olaf Lampke, Manfred Ehlers
Rz. 583
Die Möglichkeiten der Erwerbstätigkeit während der Elternzeit sind für Arbeitnehmer, die wegen eines ab 1.1.2001 geborenen oder angenommenen Kindes Elternzeit in Anspruch nehmen, nach § 15 Abs. 4 bis 7 BEEG stark erweitert worden. Während zuvor die wöchentliche Arbeitszeit nur 19 Stunden betragen durfte, kann die wöchentliche TzA jetzt auf bis zu 30 Stunden ausgedehnt werden. Neuregelung: Ab dem 1.9.2021 steigt die zulässige wöchentliche Stundenzahl auf 32, § 15 Abs. 4 Neufassung ab dem 1.9.2021.
Rz. 584
Die nach wie vor auch mögliche TzA bei einem anderen Arbeitgeber oder als Selbstständige bzw. als Selbstständiger, die nach § 15 Abs. 4 S. 3 BEEG der Zustimmung des Arbeitgebers bedarf, kann dieser innerhalb von vier Wochen nur aus dringenden betrieblichen Gründen bspw. aus begründeten Wettbewerbsinteressen schriftlich ablehnen, § 15 Abs. 4 S. 4 BEEG. Versäumt der Arbeitgeber die Frist oder lässt er die Schriftform außer Acht, entfällt das Zustimmungserfordernis mit Ablauf der gesetzlichen Frist (BAG v. 26.6.1997, BB 1997, 2169 = NZA 1997, 1156). Die Zustimmung zur Teilerwerbstätigkeit als Selbstständige oder als Selbstständiger oder bei einem anderen Arbeitgeber kann formlos erbeten und erteilt werden.
Rz. 585
Hinweis
Die Möglichkeit, dass die Zustimmung zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber oder i.R.d. Selbstständigkeit versagt wird, sollte der Elternzeit in Anspruch nehmende Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin bei der Vertragsdisposition in jedem Fall berücksichtigen und deshalb, wenn der Arbeitgeber nicht ausdrücklich zustimmt, entweder die vierwöchige Frist abwarten oder den Teilzeitarbeitsvertrag unter dem Vorbehalt abschließen, dass keine berechtigte Ablehnung nach § 15 Abs. 4 S. 3 BEEG erklärt wird. Anderenfalls besteht die Gefahr des Vertragsbruches sowohl ggü. dem eigenen als auch ggü. dem anderen Arbeitgeber, wenn trotz des Ablehnungsrechtes des Arbeitgebers ein Teilzeitarbeitsvertrag mit einem anderen Arbeitgeber abgeschlossen und die Arbeit möglicherweise sogar schon aufgenommen wird.
Rz. 586
Möchte der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin bei dem eigenen Arbeitgeber während der Elternzeit TzA leisten, appelliert der Gesetzgeber in § 15 Abs. 5 S. 2 BEEG an die Vertragsparteien, sich über den Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit und ihre Ausgestaltung innerhalb von vier Wochen zu einigen. Kommt es nicht zu einer einvernehmlichen Regelung, gewinnt die Frage Bedeutung, ob die gewünschte TzA auch gegen den Willen des Arbeitgebers durchgesetzt werden kann. Dies ist im Gegensatz zum früheren Recht mit bestimmten Einschränkungen in der Tat möglich (BAG v. 19.2.2013 – 9 AZR 461/11). Nach § 15 Abs. 6 und 7 BEEG besteht unter folgenden fünf Voraussetzungen ein Rechtsanspruch auf eine zweimalige Verringerung der Arbeitszeit während der Gesamtdauer der Elternzeit:
Rz. 587
(1) |
Der Arbeitgeber muss, unabhängig von der Anzahl der Personen in Berufsbildung, i.d.R. mehr als 15 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigen. Ausschlaggebend ist, wie viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen er insgesamt auch über den Beschäftigungsbetrieb hinaus in seinem Unternehmen beschäftigt. Dabei sind Teilzeitkräfte anders als etwa in § 23 Abs. 1 S. 4 KSchG bestimmt nicht nur anteilig zu zählen; bei § 15 Abs. 7 Nr. 1 BEEG ist maßgeblich allein die Kopfzahl der beschäftigten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. |
(2) |
Das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers muss ohne Unterbrechung länger als sechs Monate in demselben Betrieb oder Unternehmen bestehen. Dies entspricht der Regelung in § 1 KSchG. |
(3) |
Die vertraglich vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit soll für mindestens zwei Monate auf einen Umfang zwischen 15 und 30 Wochenstunden (ab dem 1.9.2021 15 – 32 Wochenstunden) verringert werden. Zum Volumen des Teilzeitwunsches und zur Mindestdauer der TzA gibt es also im Gegensatz zu § 8 TzBfG gesetzliche Vorgaben. |
(4) |
Dem Anspruch stehen keine dringenden betrieblichen Gründe entgegen. |
(5) |
Der Anspruch wurde dem Arbeitgeber für ab dem 1.7.2015 geborene Kinder sieben Wochen vor Beginn in den ersten drei Lebensjahren des Kindes und 13 Wochen vor Beginn zwischen vollendetem dritten und achtem Lebensjahr. |
Rz. 588
Der Antrag muss gem. § 15 Abs. 7 S. 2 BEEG auf jeden Fall den Beginn und den Umfang der reduzierten Arbeitszeit festlegen. Die entsprechende Mitteilung ist also Wirksamkeitsvoraussetzung. An diese Erklärungen ist der Arbeitnehmer gebunden (BAG v. 9.5.2006, NZA 2006, 1413). Der Antrag muss insoweit den Bestimmtheitsanforderungen entsprechen, wie sie allgemein an Vertragsanträge i.S.d. § 145 BGB gestellt werden (BAG v. 19.4.2005, NZA 2005, 1354; BAG v. 15.4.2008, NZA 2008, 998). Angaben zur gewünschten Verteilung der Arbeitszeit sind demgegenüber nicht zwingend. Gem. § 15 Abs. 7 S. 3 BEEG "soll" der Arbeitnehmer hierzu aber Angaben machen.
Rz. 589
Frühestmöglicher Zeitpunkt eines Antrags auf Teilzeit in Elternzeit ist der Zeitpunkt, zu dem auch die Elternzeit verbindlich gem. § 16 Abs. 1 S. 1 BEEG ver...