Dr. iur. Olaf Lampke, Manfred Ehlers
Rz. 213
§ 8 SGB VII setzt u.a. voraus, dass ein Versicherter den Unfall erleidet. Versichert sind in der gesetzlichen Unfallversicherung Personen kraft Gesetzes (§ 2 SGB VII), kraft Satzung (§ 3 SGB VII) oder auf schriftlichen Antrag (§ 6 SGB VII).
Das BSG (Urt. v 30.3.2017 – B 2 U 15/15 R) definiert Arbeitsunfälle nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII als Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Nach § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb Versicherter ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang). Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod der Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl. z.B. BSG v 5.7.2016 – B 2 U 19/14 R).
Rz. 214
Versicherter i.S. des § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII ist jemand nur, wenn, solange und soweit er den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit durch eigene Verrichtungen erfüllt. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar und (subjektiv) – zumindest auch – auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist. Diese innere Tatsache der subjektiven Ausrichtung des objektiven konkreten Handelns des Verletzten wird auch als "Handlungstendenz" bezeichnet. Wenn das beobachtbare objektive Verhalten allein noch keine abschließende Subsumtion unter den jeweiligen Tatbestand der versicherten Tätigkeit erlaubt, diese aber auch nicht ausschließt, kann die finale Ausrichtung des Handelns auf die Erfüllung des jeweiligen Tatbestandes, soweit die Intention objektiviert ist (sog objektivierte Handlungstendenz), die Subsumtion tragen. Die bloße Absicht einer Tatbestandserfüllung reicht hingegen nicht (BSG v. 26.6.2014 – B 2 U 4/13 R; BSG v. 15.5.2012 – B 2 U 8/11 R).
Ein Arbeitsunfall liegt damit nur vor, wenn der Versicherte den Unfall infolge einer (in § 8 SGB VII genannten) versicherten Tätigkeit erleidet. Eine versicherte Tätigkeit ist eine den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 und 6 sowie 8 Abs. 2 SGB VII begründende Tätigkeit. Die hauptsächlich angewendete Norm ist § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Nach dieser Vorschrift sind Beschäftigte i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB IV (d.h. vor allem Arbeitnehmer) versichert. Vorstandsmitglieder einer unabhängigen, nicht beherrschten AG (§§ 17f, 291 Abs. 1 S. 1 AktG) können keinesfalls als Beschäftigte i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII kraft Gesetzes versichert sein (BSG v. 16.12.2020 – B 2 U 4/20 R). Hervorzuheben ist auch die Einbeziehung derjenigen Tätigen in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, die wie Beschäftigte (i.S.d. Abs. 1 Nr. 1) tätig sind, vgl. § 2 Abs. 2 SGB VII.