Dr. iur. Olaf Lampke, Manfred Ehlers
Rz. 912
Das pflichtwidrige Verhalten des Arbeitnehmers muss ursächlich für den entstandenen Schaden sein, also für die Einbuße an der Gesundheit, der körperlichen Integrität, für die Beeinträchtigung des beruflichen Fortkommens, der Erwerbsaussichten oder für die Einbuße an bestimmten Vermögensgütern. Bei der Beurteilung der haftungsausfüllenden Kausalität, d.h. des Ursachenzusammenhangs zwischen Pflichtverstoß und eingetretenem Schaden, sind nur die hierfür adäquaten Ursachen zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass dem sich pflichtwidrig verhaltenden Arbeitnehmer nur diejenigen Schadensfolgen zugerechnet werden, deren Eintritt im Augenblick dieses Ereignisses vom Standpunkt eines erfahrenen Beobachters aus als nicht völlig unwahrscheinlich erscheinen konnten (Münchener HdB Arbeitsrecht/Reichold, § 57 Rn 3).
Rz. 913
Zu den gem. §§ 249 ff. BGB auszugleichenden Schäden gehören nicht nur die unmittelbar herbeigeführten Schäden, wie z.B. die Zerstörung oder Beschädigung von Fahrzeugen und Arbeitsgeräten oder sonstige Vermögenseinbußen des Arbeitgebers, sondern auch mittelbare Schäden, wie bspw. die Folgekosten in Form von Aufwendungen für das Auswechseln der Hauptschließanlage, nachdem der Arbeitnehmer den Zentralschlüssel für diese Anlage verloren hat (vgl. LAG Frankfurt am Main v. 4.11.1987, DB 1988, 2652). Im Folgenden sollen einige typische Fallgestaltungen dargestellt werden, die immer wieder zu arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen über die Frage der Ersatzfähigkeit des Schadens oder den Umfang des zu ersetzenden Schadens, der ggf. vom Gericht nach § 287 ZPO zu schätzen ist, führen:
Auflösungsschaden: Ein wegen vertragswidrigen Verhaltens fristlos entlassener Filialleiter hat dem Arbeitgeber als Auflösungsschaden auch das anteilige Gehalt von leitenden Angestellten zu ersetzen, die bis zur Neubesetzung in die verwaiste Filiale geschickt werden; im Wege der Vorteilsausgleichung muss sich der Arbeitgeber allerdings anrechnen lassen, was er infolge der fristlosen Kündigung an Gehalt für den entlassenen Filialleiter gespart hat (BAG v. 24.4.1970, BB 1970, 1095 = DB 1970, 1645). Unter Hinweis auf den vom BGH entwickelten normativen Schadensbegriff führt das BAG aus, es komme bei der Beurteilung des Schadens nicht darauf an, ob die reguläre Arbeit dieser Angestellten von anderen übernommen, ob sie von den Angestellten selbst später nachgeholt worden oder ob sie liegen geblieben sei.
Aufwendungsschaden: Begeht ein Arbeitnehmer ggü. Geschäftspartnern seines Arbeitgebers eine strafbare Handlung, muss er seinem Arbeitgeber auch die Aufwendungen ersetzen, die erforderlich sind, um den Abbruch der Geschäftsbeziehungen zu vermeiden (vgl. BAG v. 7.5.1976, BB 1976, 1128).
Detektivkosten: Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat der Arbeitnehmer wegen der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten (§ 280 Abs. 1 BGB) dem Arbeitgeber die durch das Tätigwerden eines Detektivs entstandenen notwendigen Kosten zu ersetzen, wenn der Arbeitgeber aufgrund eines konkreten Tatverdachts einem Detektiv die Überwachung des Arbeitnehmers überträgt und der Arbeitnehmer einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird. Nach § 249 BGB erstreckt sich die Schadensersatzpflicht auf alle Aufwendungen des Geschädigten, soweit diese nach den Umständen des Falls als erforderlich anzusehen sind (Fröhlich, NZA 1996, 464 ff.; vgl. auch BAG v. 26.9.2013, NJW 2014, 877; BAG v. 17.9.1998, NZA 1998, 1334 = DB 1998, 2473). Zu beachten ist, dass die Erstattung von Detektivkosten im Wege des Kostenfestsetzungsverfahrens nach den §§ 103 ff. ZPO nur dann möglich ist, wenn sie als prozessuale (Vorbereitungs-) Kosten geltend gemacht werden. Für eine Erstattung von Detektivkosten muss der Arbeitgeber vortragen, dass er vor Beauftragung der Detektei einen konkreten Tatverdacht gegen den Arbeitnehmer hatte und haben durfte, der bei vernünftiger, wirtschaftlicher Betrachtung die Einschaltung eines Detektivs erforderlich erscheinen ließ (BAG v. 28.5.2009, NZA 2009, 1300).
Fangprämien: Das LAG Nürnberg hat die Bezahlung einer ausgelobten Fangprämie für die Aufdeckung einer Unterschlagung durch eine Kaufhausangestellte als erstattungsfähigen Schaden anerkannt, die Erstattungshöhe bei einem verursachten Eigentumsschaden von 50.000,00 DM allerdings auf 1.000,00 DM begrenzt (LAG Nürnberg v. 24.8.1992, NZA 1993, 413). Bereits früher hat das BAG (v. 15.12.1969, BB 1970, 488 = DB 1970, 500) die Auffassung vertreten, bei der Aussetzung einer Belohnung von 10.000,00 DM für die Ergreifung untreuer Mitarbeiter (die Banknoten i.H.v. 1.000.000,00 DM entwendet hatten) und zur Auffindung der Geldbeute handele es sich um eine verständige Aufwendung des Arbeitgebers, die auch der Höhe nach nicht beanstandet werden könne. Die ausgesetzte Belohnung sei eine adäquate Schadensfolge.
Inseratskosten: Wird die vertraglich vereinbarte Arbeit nicht aufgenommen oder gibt der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis auf, ohne die Kündigungsfrist einzuhalten, kann der Arbeitgebe...