Dr. iur. Olaf Lampke, Manfred Ehlers
Rz. 138
Der Arbeitnehmer ist berechtigt, zu den Erörterungen nach § 81 Abs. 4 und § 82 Abs. 2 BetrVG ein Betriebsratsmitglied hinzuzuziehen (§ 81 Abs. 4 S. 2 und § 82 Abs. 2 S. 2 BetrVG). Er kann sich ein Betriebsratsmitglied auswählen. Es wird auch dem Vertreter des Arbeitgebers i.d.R. zumutbar sein, auf das Erscheinen dieses Betriebsratsmitgliedes zu warten. Allerdings wird der Arbeitnehmer i.d.R. nicht verlangen können, dass das Personalgespräch auf einen anderen Tag verschoben wird, weil das von ihm gewünschte Betriebsratsmitglied nicht zur Verfügung steht (eine entsprechende grundsätzliche Weigerung kann in Extremfällen sogar die Kündigung eines Arbeitnehmers rechtfertigen, so LAG Hamm v. 28.1.2016 – 18 Sa 1140/15, juris). Dagegen kann das Einsichtsrecht in Personalakten gegen den Willen des Arbeitgebers grundsätzlich nicht von einem beauftragten Rechtsanwalt oder Gewerkschaftssekretär ausgeübt werden (LAG Schleswig- Holstein v. 17.4.2014 – 5 Sa 385/13, juris). Das Betriebsratsmitglied kann nicht von sich aus in die Personalakten Einsicht nehmen; tut es dies in einer Vielzahl von Fällen fortgesetzt unberechtigt, kann dies unter Umständen sogar zum Ausschluss aus dem Betriebsrat führen (LAG Berlin-Brandenburg v. 12.11.2012 – 17 TaBV 1318/12, juris).
Rz. 139
Dieses Recht zur Hinzuziehung ist auf die in den genannten Bestimmungen aufgeführten Gegenstände beschränkt (BAG v. 20.4.2010 – 1 ABR 85/08, juris). Allerdings besteht das Hinzuziehungsrecht bei einem vom Arbeitgeber initiierten Gespräch über den Inhalt von Tätigkeitsbeschreibungen, jedenfalls soweit diese Grundlage der Entgeltfindung sind (BAG v. 20.4.2010 – 1 ABR 85/08, juris). Es kann bei einem Personalgespräch über den Abschluss eines Aufhebungsvertrages bestehen, aber nicht generell und immer – nicht etwa, wenn das den Aufhebungsvertrag betreffende Personalgespräch aus Anlass einer Betriebsstilllegung geführt wird, weil ein Bezug zu Leistungen und Entwicklungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers dann offensichtlich ausscheidet; maßgebend sind vielmehr die Umstände des Einzelfalles (BAG v. 16.11.2004 – 1 ABR 53/03, juris mit der Abweisung eines entsprechenden Antrages des Betriebsrates als zu "global"). Weder in Gesprächen, in denen Mitarbeitern Arbeitsanweisungen erteilt werden, noch in Gesprächen, in denen Abmahnungen ausgesprochen werden, erlaubt der Gesetzgeber die Zuziehung eines Betriebsratsmitgliedes (LAG Hamm v. 19.10.2007 – 10 TaBV 67/07, juris). Da der Arbeitgeber häufig die Themen der Gespräche nicht genau benennt, wird man bei der Hinzuziehung großzügig sein müssen.
Rz. 140
Der Betriebsrat kann im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren Feststellung beantragen, dass der Arbeitgeber, der die Hinzuziehung in bestimmten Fällen abgelehnt hat, bei "solchen Gesprächen" nicht zur Verweigerung der Hinzuziehung berechtigt ist. Das Betriebsratsmitglied und auch der Betriebsrat können allerdings nicht selbst ein Teilnahmerecht einklagen, weil die individuelle Rechtsbeziehung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber betroffen ist und kein subjektives Teilnahmerecht des Betriebsratsmitgliedes selbst besteht (BAG v. 23.2.1984 – 6 ABR 22/81, juris).
Rz. 141
Der Arbeitgeber kann umgekehrt nicht gegen den Willen des betroffenen Arbeitnehmers Mitglieder des Betriebsrates zu jeglichen Personalgesprächen hinzuziehen; Anderes gilt nur, soweit es bei solchen Gesprächen weniger um persönliche Dinge des Arbeitnehmers geht, sondern mitbestimmungspflichtige Angelegenheiten im Vordergrund stehen; ist dies der Fall, kann der Arbeitnehmer jedenfalls nicht generell und für jedes künftige Gespräch den Ausschluss von Betriebsratsmitgliedern verlangen (eingehend LAG Nds. v. 22.1.2007 – 11 Sa 614/06, juris).