Dr. iur. Olaf Lampke, Manfred Ehlers
Rz. 1245
Handelt es sich bei dem Arbeitgeber um eine natürliche Person, dann unterliegt er nach § 280 Abs. 1 BGB der Haftung wegen Verletzung der arbeitsvertraglichen Organisations- und Schutzpflicht bei eigenhändigen Mobbinghandlungen hinsichtlich des dadurch entstandenen Schadens. Nichts anderes gilt, wenn er zu solchen Handlungen angestiftet oder Hilfe geleistet oder diese mit anderen Tätern gemeinschaftlich ausgeübt hat. Die einzelnen Mobbingangriffe der von ihm angestifteten oder durch Hilfeleistung unterstützten Mitarbeiter oder seiner Mittäter sind dann Bestandteil seiner eigenen Verletzung der arbeitgeberseitigen Schutzpflichten, die es gebieten, Mobbinghandlungen zu verhindern. In diesen Fällen kommt es deshalb zur Begründung seiner vollen haftungsrechtlichen Verantwortlichkeit bei vertraglichen Ansprüchen für den durch die Tatbeteiligung seiner Mobbingmittäter, Mobbinggehilfen oder angestifteten Mobbingtäter herbeigeführten Schaden nicht auf die Zurechnungsvoraussetzungen des § 278 BGB an. Es handelt sich auch gar nicht um eine im wohlverstandenen Rechtssinne erfolgende Tätigkeit in seinem Pflichtenkreis, sondern um ein im Kreis arbeitgeberseitiger Rechtsverletzungen vom Arbeitgeber gewolltes und unterstütztes Verhalten.
Rz. 1246
Der Arbeitgeber haftet dem betroffenen Arbeitnehmer ggü. gem. § 278 BGB für schuldhaft begangene Rechtsverletzungen, die von ihm als Erfüllungsgehilfen eingesetzte Mitarbeiter oder Vorgesetzte begehen (st. Rspr. BAG v. 25.10.2007, NZA 2008, 223; BAG v. 16.5.2007, NZA 2007, 1154). Dabei ist es jedoch erforderlich, dass die schuldhafte Handlung des als Erfüllungsgehilfen des Arbeitgebers handelnden Mitarbeiters in einem inneren sachlichen Zusammenhang mit den Aufgaben steht, die der Arbeitgeber ihm als Erfüllungsgehilfen zugewiesen hat. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn der Erfüllungsgehilfe ggü. dem gemobbten Arbeitnehmer die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers konkretisiert bzw. wenn er ihm ggü. Weisungsbefugnis hat (BGH v. 29.2.1956, BGHZ 20, 141). Waren mehrere Arbeitskollegen in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken am Mobbing beteiligt (vgl. hierzu ausführlich Rdn 1219) und muss sich der Arbeitgeber nach § 278 BGB sämtliche Mobbinghandlungen zurechnen lassen, ist er in Bezug auf seine Haftungsverpflichtung so zu behandeln, als hätte er all diese Handlungen selbst vorgenommen.
Rz. 1247
Unabhängig von der Frage der Zurechnung des Verhaltens Dritter haftet der Arbeitgeber dem mit ihm in einem Arbeitsverhältnis stehenden Mobbingopfer bei Mobbingangriffen Dritter, auf die er einen vertraglichen Einfluss hat, aber auch aus dem Gesichtspunkt der eigenen Verletzung vertraglicher Pflichten, wenn er sein Unternehmen nicht so organisiert hat, dass die systematische Verletzung von Persönlichkeitsrechten von bei ihm beschäftigten Arbeitnehmern nicht ausgeschlossen oder bei deren Auftreten nicht unverzüglich unterbunden wird (vgl. LAG Thüringen v. 10.4.2001, NZA-RR 2001, 580, 581; Wickler, DB 2002, 483; Kerst-Würkner, ArbuR 2001, 258). Eine die vertragliche Arbeitgeberhaftung begründende Organisationspflichtverletzung ist zu vermuten, wenn ein Mobbingsachverhalt unstreitig oder nachgewiesen ist. Der Arbeitgeber kann diese Vermutung nur durch den Nachweis widerlegen, dass er zur Mobbingprävention geeignete Maßnahmen ergriffen und deren Einhaltung auch in pflichtgemäßer Weise überwacht hat. Dabei muss die Ächtung von Mobbingpraktiken und das Vorliegen eines dementsprechenden nachprüfbare Formen annehmenden, allseits und jederzeit erkennbaren ernsthaften Willens des Arbeitgebers ausreichen, derartige Verhaltensweisen durch Maßnahmen des Personalmanagements und ggf. arbeitsrechtliche Sanktionen im Keim zu unterbinden (zu weitgehend Kerst-Würkner, ArbuR 2001, 258 und Wolmerath, Mobbing im Betrieb, S. 148 f., die ein Organisationsverschulden des Arbeitgebers schon beim Vorliegen von Arbeitsbedingungen annehmen wollen, die Mobbing ganz allgemein begünstigen können; wie hier Wickler, DB 2002, 483 Fn 53). Hat der Arbeitgeber allerdings durch Anzeige konkreter Verhaltensweisen Kenntnis von Mobbingpraktiken in seinem Unternehmen erlangt, kann er jedenfalls bei weiteren Mobbingangriffen ggü. derselben Person die ihn treffende Vermutung der Organisations- und Schutzpflichtverletzung nur noch durch den Nachweis von Gegenmaßnahmen widerlegen, die nach den Besonderheiten des Einzelfalles erforderlich und angemessen gewesen sind, um eine Fortsetzung des Mobbings unmittelbar und nachhaltig zu unterbinden. Anderenfalls haftet er auf Ersatz des gesamten dem Betroffenen aus den Mobbingübergriffen erwachsenden Schadens (Wickler, DB 2002, 483; vgl. auch Wolmerath, Mobbing im Betrieb, S. 536; Kerst-Würkner, ArbuR 2001, 259).
Rz. 1248
Hat er mit der Durchführung von konkreten Mobbingstoppmaßnahmen Angestellte des Personalmanagements betraut, muss er deren Durchführung und Erfolg überwachen. Sind nach dieser Anordnung weitere Mobbinghandlungen hinzugekommen, dann ist zu vermuten, dass der Arbeitgeber die hinsich...