Dr. iur. Olaf Lampke, Manfred Ehlers
Rz. 708
Als wirtschaftlichen Ausgleich für die Übertragung der Erfindung auf den Arbeitgeber hat der Arbeitnehmererfinder gem. §§ 9, 10 ArbnErfG einen Vergütungsanspruch.
(1) Fälligkeit und Dauer des Vergütungsanspruchs
Rz. 709
Der Anspruch des Arbeitnehmers auf eine angemessene Vergütung entsteht nicht erst mit der Schutzrechtserteilung, sondern unmittelbar mit der Inanspruchnahme (§ 9 Abs. 1 ArbnErfG).
Rz. 710
Der Arbeitnehmererfinder muss also nicht den Abschluss eines unter Umständen zeitraubenden Schutzrechtsanmeldeverfahrens beim Patentamt bzw. dessen Entscheidung über die Schutzrechtserteilung abwarten, sondern hat zumindest einen vorläufigen Vergütungsanspruch, der auf die spätere endgültige Vergütung anzurechnen ist (BGH v. 28.6.1962 – I ZR 28/61, GRUR 1963, 135 = BB 1962, 998 – Cromegal).
Rz. 711
Die geschuldete Vergütung dabei wird um einen Risikoabschlag gekürzt, dessen Höhe sich nach der Wahrscheinlichkeit einer Schutzrechtserteilung bemisst. In der Regel beträgt der Risikoabschlag 50 % (Bartenbach/Volz, Arbeitnehmererfindungen, Rn 243 f.). Mit Erteilung des Schutzrechts ist der Risikoabschlag nachzuzahlen.
Rz. 712
Dieser vorläufige Vergütungsanspruch entsteht auch dann, wenn die Patenterteilung versagt wurde (BGH v. 30.3.1971 – X ZR 8/68, GRUR 1971, 475 – Gleichrichter). Der Vergütungsanspruch entfällt erst ab dem Zeitpunkt, an dem die mangelnde Schutzfähigkeit rechtskräftig festgestellt wurde (BGH v. 23.6.1977 – X ZR 6/75, GRUR 1977, 784 – Blitzlichtgeräte; OLG Düsseldorf v. 15.3.2007 – I-2 U 113/05, InstGE 7, 210 – Türbeschläge). Eine bereits geleistete Vergütung ist gemäß § 12 Abs. 6 S. 2 ArbnErfG nicht zurückzuzahlen.
Rz. 713
Nach der Rechtsprechung des BGH entsteht der Vergütungsanspruch mit der betrieblichen Nutzung der Erfindung (BGH v. 29.4.2003 – X ZR 186/01, GRUR 2003, 789 – Abwasserbehandlung). Eine Vergütungspflicht kann demnach bereits für Zeiträume vor der Inanspruchnahme und sogar vor der förmlichen Meldung durch den Arbeitnehmererfinder entstehen (a.A. Schiedsstelle v. 4.11.2003, ArbErf. 23/01, Bl. 2005, 83; Bartenbach/Volz, ArbnErfG, § 9 Rn 11). Nach RL Nr. 21 der Richtlinien des Bundesarbeitsministers für die Vergütung von Arbeitnehmererfindungen im privaten wie im öffentlichen Dienst kommen grds. ab dem 8. Patentlaufjahr Ansprüche auf Vorratsvergütung in Betracht, wenn der Arbeitgeber ein auf eine Diensterfindung erteiltes Schutzrecht nicht nutzt.
Rz. 714
Die Dauer des Vergütungsanspruches bemisst sich im Regelfall nach der Laufzeit des Schutzrechtes (vgl. RL Nr. 42), kann aber ausnahmsweise bei einer faktischen Monopolstellung des Arbeitgebers darüber hinausgehen (BGH v. 28.4.1970 – X ZR 38/67, GRUR 1970, 459 = AP Nr. 1 zu § 9 ArbnErfG – Scheinwerfereinstellungsgerät).
(2) Bemessung der Vergütung
Rz. 715
Die Feststellung der Angemessenheit der Vergütung des Erfinders und damit die Ermittlung der Höhe der Vergütung ist in der Praxis schwierig, weil hier eine Vielzahl nur schwer abzuschätzender Faktoren berücksichtigt werden muss.
Rz. 716
Eine Ausnahme stellt die Vergütung bei Hochschulerfindungen dar, für die bei einer Verwertung durch den Dienstherrn eine pauschale Vergütung von 30 % der durch die Erfindung erzielten Einnahmen vorgesehen ist, § 42 Nr. 4 ArbnErfG. Zu den Einnahmen gehören nicht nur Geldzahlungen, die dem Dienstherrn aufgrund der Verwertung der Erfindung zufließen, sondern auch alle sonstigen geldwerten Vorteile, wie etwa ersparte Schutzrechtskosten, die der Dienstherr erlangt (BGH v. 5.2.2013 – X ZR 59/12).
Rz. 717
Nach § 9 Abs. 2 ArbnErfG und den hierzu gem. § 11 ArbnErfG ergangenen Richtlinien des Bundesarbeitsministers für die Vergütung von Arbeitnehmererfindungen im privaten wie im öffentlichen Dienst sind bei der Vergütungsbemessung folgende Umstände zu berücksichtigen:
▪ |
die wirtschaftliche Verwertbarkeit der Diensterfindung, |
▪ |
die Aufgabe und Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb sowie |
▪ |
der Anteil des Betriebes selbst am Zustandekommen der Erfindung. |
Rz. 718
Die umfangreichen Richtlinien sind keine verbindlichen Vorschriften, sie geben aber Anhaltspunkte für die Höhe der Vergütung (RL Nr. 1). Demzufolge sind weder die Arbeitsvertragsparteien noch die Schiedsstelle oder die Gerichte an diese Richtlinie gebunden, wenngleich sich diese in der Praxis hieran zu halten pflegen.
Rz. 719
Die Richtlinien gehen grds. davon aus, dass die Vergütung als laufende Beteiligung am Erfindungsnutzen des Arbeitgebers gezahlt wird. Aufgrund des erheblichen Verwaltungsaufwands, der sich aus der jährlichen Vergütungsberechnung ergibt, werden in der Industrie allerdings verstärkt Pauschalvergütungssysteme eingeführt, die häufig mit der Vereinbarung des Abkaufs der Arbeitgeberpflichten nach § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 2 und § 16 Abs. 1 ArbnErfG kombiniert werden (vgl. hierzu Trimborn, Mitt. 2006, 160; Hohagen/Burghart, GRUR-Prax. 2014, 317). Eine Pauschalvergütungsvereinbarung, bei der es sich um eine Vereinbarung im Sinne von § 12 Abs. 1 ArbnErfG handelt, kann wegen § 22 S. 1 ArbnErfG erst nach der Erfindungsmeldung abgeschlossen werden. Bei Abschluss der Pauschalv...