Dr. iur. Olaf Lampke, Manfred Ehlers
(1) Vorherige Anhörung des Arbeitnehmers
Rz. 16
Die vorherige Anhörung des Arbeitnehmers ist im Bereich der Privatwirtschaft keine Wirksamkeitsvoraussetzung der Abmahnung. Im öffentlichen Dienst hat § 13 Abs. 2 BAT bestimmt, dass der Angestellte über für ihn ungünstige oder nachteilige Beschwerden und Behauptungen tatsächlicher Art vor Aufnahme in die Personalakte gehört werden muss. Die Rspr. hat die vorherige Anhörung auch auf die Erteilung einer Abmahnung bezogen und bei Verletzung der Anhörungspflicht einen schuldrechtlichen Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus den Personalakten zugebilligt (BAG v. 16.11.1989 – 6 AZR 64/88, DB 1990, 841 = NZA 1990, 477 = BB 1990, 708). Der TVöD enthält nunmehr in § 3 Abs. 5 keine ausdrückliche Anhörungspflicht des Arbeitnehmers vor der Aufnahme von Abmahnungen in die Personalakte.
(2) Mitwirkung des Betriebsrats
Rz. 17
Die Mitwirkung des Betriebsrates ist bei der Erteilung von Abmahnungen grds. nicht erforderlich (BAG v. 17.10.1989 – 1 ABR 100/88, NZA 1990, 193 = DB 1990, 483). Der Betriebsrat muss weder angehört werden noch ist dem Betriebsrat eine Abschrift der Abmahnung zu übermitteln. Dies gilt auch dann, wenn das abgemahnte Verhalten einen Verstoß gegen eine mitbestimmte Verhaltensnorm betrifft, z.B. einen Verstoß gegen die Parkplatzordnung, eine Verletzung der mit dem Betriebsrat vereinbarten Arbeitszeit oder der mit dem Betriebsrat abgestimmten Kleider- oder Reisekostenordnung. Es handelt sich bei der Abmahnung um die Ausübung des vertraglichen Rügerechtes. Die arbeitsvertraglichen Pflichten können gem. § 77 Abs. 4 S. 1 BetrVG verbindlich für den einzelnen Arbeitnehmer durch Betriebsvereinbarungen festgelegt werden.
Rz. 18
Aus einer Abmahnung kann aber ein mitbestimmungspflichtiger Vorgang entstehen, wenn der betroffene Arbeitnehmer sich z.B. gem. § 84 BetrVG darüber beschwert, er sei als Einziger wegen Zuspätkommens abgemahnt worden und die mit ihm zusammen ebenfalls verspätet eingetroffenen Arbeitskollegen hätten keine Abmahnung erhalten. Der Betriebsrat kann gem. § 85 Abs. 1 BetrVG die Beschwerde aufgreifen und beim Arbeitgeber auf Abhilfe hinwirken.
Rz. 19
Gleiches gilt für den Fall, dass der Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung folgt. I.R.d. Anhörungsverfahrens gem. § 102 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat auch über erteilte Abmahnungen und evtl. vorliegende Gegendarstellungen des Arbeitnehmers zu informieren (BAG v. 31.8.1989 – 2 AZR 453/88, DB 1990, 1928).