Dr. iur. Olaf Lampke, Manfred Ehlers
aa) Erwerbstätigkeit während des Urlaubs
Rz. 1752
Gem. § 8 BUrlG darf der Arbeitnehmer während des Urlaubes keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten. Dieses Verbot ergibt sich bereits aus dem Wesen des Urlaubsanspruchs. Erwerbstätigkeit ist jede – also auch selbstständige – Arbeit, die auf irgendeinen Erwerb gerichtet ist, also auf Geld, geldwerte Leistungen oder andere Gegenleistungen. Die Tätigkeit, die auf sonstige unentgeltliche Gegenleistungen gerichtet ist, begründet zwar keine Erwerbstätigkeit i.S.v. § 8 BUrlG, kann aber eine Vertragsverletzung darstellen, wenn sie dem Erholungszweck zuwiderläuft. Im Einzelnen wird die Abgrenzung zwischen erlaubter und verbotener Tätigkeit durch eine Interessenabwägung vorzunehmen sein. Keine Erwerbstätigkeit stellt somit regelmäßig die Bautätigkeit am eigenen Hause dar oder Arbeiten i.R.d. Nachbarschaftshilfe. Erlaubte Erwerbstätigkeit ist diejenige, die auch während des Urlaubes im Rahmen einer genehmigten Nebentätigkeit erbracht wird sowie solche, die dem Urlaubszweck nicht zuwiderläuft. So darf etwa ein "Geistesarbeiter" während des Urlaubes körperliche Arbeit verrichten. Handelt es sich um verbotene Erwerbstätigkeit, ist der Arbeitgeber unter Umständen auch im Wege der einstweiligen Verfügung berechtigt, vom Arbeitnehmer Unterlassung zu verlangen (BAG v. 25.2.1988, AP Nr. 3 zu § 8 BUrlG). Auch kann er Schadensersatzansprüche aus positiver Vertragsverletzung (§ 280 Abs. 1 S. 1 BGB n.F.) verlangen, ist jedoch nicht berechtigt, die Urlaubsvergütung zu kürzen oder ganz zu verweigern (BAG v. 25.2.1988, BAGE 57, 366.; a.A. – mit prakt. Problemen – Neumann/Fenski/Kühn/Neumann, BUrlG, § 8 Rn 8 m.w.N.).
bb) Erkrankung während des Urlaubs
Rz. 1753
Erkrankt der Arbeitnehmer während des Urlaubes, werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit nicht auf den Jahresurlaub angerechnet (§ 9 BUrlG). Voraussetzung für die Nichtanrechnung ist somit die zur Arbeitsunfähigkeit führende objektive Erkrankung des Arbeitnehmers während des Urlaubes. Der Arbeitnehmer muss durch die Erkrankung gehindert sein, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen oder, würde er sie erbringen, für die Zukunft Gefahr laufen, dass sich sein Zustand in absehbarer Zeit verschlimmert (BAG v. 29.2.1984, AP Nr. 64 zu § 616 BGB). Die Arbeitsunfähigkeit kann somit nicht losgelöst von der nach dem Arbeitsvertrag geschuldeten Art der Arbeitsleistung festgestellt werden (BAG v. 25.6.1981, AP Nr. 52 zu § 616 BGB).
Rz. 1754
Darüber hinaus ist Voraussetzung für die Nichtanrechnung der Krankheitszeit auf den Urlaubsanspruch, dass durch die Erkrankung der Erholungszweck des Urlaubes beeinträchtigt oder vereitelt wird. Dies wird i.d.R. zwar der Fall sein; es sind jedoch Fälle denkbar, wo ein Arbeitnehmer zwar arbeitsunfähig krank, jedoch schmerzfrei ist, und seinen Urlaub ohne Einschränkung des Erholungswertes nehmen kann. Auch muss die zur Arbeitsunfähigkeit führende Erkrankung unverschuldet sein (a.A. Neumann/Fenski/Kühn/Neumann, BUrlG, § 9 Rn 8). Verschulden bedeutet einen gröblichen Verstoß gegen das von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten, dessen Folgen auf den Arbeitgeber abzuwälzen unbillig wäre (BAG v. 30.3.1988, AP Nr. 77 zu § 1 LFZG). Darunter fällt ungewöhnlich leichtfertiges oder mutwilliges Verhalten. Schließlich muss die Arbeitsunfähigkeit während des Urlaubes durch ärztliches Zeugnis nachgewiesen werden. Dies gilt grds. selbst dann, wenn ein Arzt nicht greifbar ist, um die Erkrankung festzustellen. Das Zeugnis ist unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, vorzulegen.
Rz. 1755
Die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit werden auf den Urlaub nicht angerechnet; der Arbeitnehmer kann somit Nachgewährung verlangen. Unter Umständen ist das bereits gewährte Urlaubsentgelt zurückzuzahlen, wenn eine Verrechnung mit Entgeltfortzahlungsansprüchen nicht möglich ist. Auf § 5 Abs. 3 BUrlG kann sich der Arbeitnehmer in diesem Fall nicht berufen. Das Recht zur Nachgewährung bedeutet nicht, dass der Arbeitnehmer eigenmächtig, also ohne Zustimmung durch den Arbeitgeber, diesen Nachurlaub an den genehmigten Urlaub anschließt. Dies ergibt sich aus § 7 Abs. 3 BUrlG, wonach der Urlaub zu gewähren ist. Gleiches gilt für den Fall, dass der genehmigte Urlaub wegen Krankheit nicht angetreten werden kann.