Dr. iur. Olaf Lampke, Manfred Ehlers
Rz. 429
Die schwerbehinderten Menschen haben nach § 208 SGB IX einen Anspruch auf einen zusätzlichen Mindesturlaub von mindestens fünf Arbeitstagen im Urlaubsjahr. Diese Vorschrift gilt allerdings nicht für Gleichgestellte. Der Anspruch auf Zusatzurlaub entsteht mit dem Beginn der Schwerbehinderteneigenschaft, unabhängig davon, wann diese behördlich festgestellt und der Schwerbehindertenausweis ausgestellt wird (BAG v. 26.6.1986, NZA 1986, 558; BAG v. 26.4.1990, BAGE 65, 122). Auch wenn die Schwerbehinderteneigenschaft im laufenden Urlaubsjahr erst entsteht, ergibt sich kein Teilanspruch, sondern der volle Urlaubsanspruch (BAG v. 21.2.1995, NZA 1995, 1008). Der Anspruch besteht auch für das Urlaubsjahr, in dem der Antrag auf Feststellung gestellt wird, auch wenn über ihn erst im Folgejahr rückwirkend entschieden wird. Um den Urlaubsanspruch im Jahr der Antragstellung zu sichern, muss der Arbeitgeber vom Antrag informiert und der Zusatzurlaub bestimmt und ohne Vorbehalt geltend gemacht werden (BAG v. 21.2.1995, NZA 1995, 1008). Ist dies geschehen und der Arbeitgeber gewährt den Urlaub nicht, kann er in Verzug geraten mit der Folge, dass bei Erlöschen des Urlaubsanspruches infolge des Zeitablaufes ein Schadensersatzanspruch entsteht, der als Ersatzurlaub befriedigt werden kann (BAG v. 31.5.1990, EzA Nr. 15 zu § 5 BUrlG).
Rz. 430
Die Länge des Zusatzurlaubes ist an die persönliche Arbeitszeit des schwerbehinderten Menschen gekoppelt und wird anders als sonst im Urlaubsrecht nicht nach Werktagen, sondern nach Arbeitstagen berechnet. Er beträgt fünf Arbeitstage bei einer Fünf-Tage-Woche und sechs Arbeitstage bei einer Sechs-Tage-Woche. Arbeitet der schwerbehinderte Mensch nur vier Tage oder weniger, beträgt der Zusatzurlaub auch nur vier Tage oder weniger (BAG v. 21.2.1995, NZA 1995, 1008; zur Berechnung s.a. BAG v. 14.2.1991, AiB 1991, 168). Bei Teilzeitbeschäftigten ist ebenfalls die Anzahl der Arbeitstage maßgebend. I.Ü. können nach § 208 Abs. 1 S. 2 SGB IX in Tarifverträgen, betrieblichen oder sonstigen Regelungen günstigere Bestimmungen getroffen werden.
Rz. 431
Der Zusatzurlaub verlängert den nach den allgemeinen Regeln bestehenden Grundurlaub und teilt daher dessen rechtliches Schicksal. Entschieden wurde das z.B. für die Aufrundung von Bruchteilen von Urlaubstagen (BAG v. 31.5.1990, EzA Nr. 15 zu § 5 BUrlG), die Übertragung des Urlaubes (BAG v. 21.2.1995, NZA 1995, 1008), die Abgeltung des Urlaubsanspruches (BAG v. 25.6.1996, EzA Nr. 8 zu § 47 SchwbG 1986) und für das Erlöschen des Urlaubsanspruches (BAG v. 21.2.1995, NZA 1995, 1008).
Rz. 432
Der Zusatzurlaub gem. § 208 SGB IX ist wie jeder andere Urlaub ein bezahlter Urlaub. Die Berechnung des Urlaubsentgeltes richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen (BAG v. 23.1.1996, EzA Nr. 6 zu § 47 SchwbG 1986). § 125 SGB IX ist nicht abdingbar und enthält außerdem ein Verbot i.S.v. § 134 BGB, vom Gesetz abweichende, für den schwerbehinderten Menschen ungünstige Regelungen zu treffen.
Zum Sonderkündigungsschutz schwerbehinderter Menschen s. § 30 Rdn 1110 ff.