Rz. 7

Die Schiedsgerichtsbarkeit ermöglicht den Parteien, die Schiedsrichter nach sachlichen Gesichtspunkten im Hinblick auf ihre Qualifikation und Erfahrungen hinsichtlich des konkreten Streitgegenstandes auszuwählen. Durch die Berufung von Spezialisten in das Schiedsgericht tragen die Parteien damit aktiv zur Qualitätssicherung der schiedsrichterlichen Rspr.[16] und zur Akzeptanz von Schiedssprüchen bei. Diese Möglichkeit ist gerade in Streitigkeiten mit hohem Komplexitäts- und Spezialisierungsgrad ein Hauptvorteil des Schiedsverfahrens.[17]

 

Rz. 8

Hinsichtlich der Durchführung des Verfahrens ist einerseits dessen große Flexibilität hervorzuheben (vgl. § 1042 Abs. 3 ZPO).[18] Die Möglichkeiten zur flexiblen Verfahrensgestaltung der Schiedsparteien zur flexiblen Gestaltung ihres Verfahrens sowie die fortlaufende Anpassung der Schiedsregeln an veränderte Gegebenheiten auf institutioneller Ebene haben sich insbesondere während der COVID-Pandemie als vorteilhaft erwiesen.[19] Andererseits wird die fehlende Verfahrensöffentlichkeit häufig als Vorteil genannt. Gerade bei Projekten, die besondere öffentliche Aufmerksamkeit erregen könnten, kann es für die Parteien von Vorteil sein, wenn die Details der Vertragsbeziehung nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Dadurch können Geschäftsgeheimnisse einfacher als im staatlichen Zivilprozess geschützt und etwaige negative Auswirkungen des Verfahrens auf den Ruf des Unternehmens begrenzt werden.[20] Ob darüber hinaus weitere Geheimhaltungspflichten im Schiedsverfahren bestehen, ist umstritten und wird international uneinheitlich gehandhabt (s.u. Rdn 87 ff.).

 

Rz. 9

International ist zudem die erhöhte Verkehrsfähigkeit des Schiedsspruches im Vergleich zu einem staatlichen Urteil ein wichtiger Vorteil der Schiedsgerichtsbarkeit.[21] Schiedssprüche können international in den rund 170 Mitgliedsstaaten der New York Convention von 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüchen nach einem für alle Vertragsstaaten einheitlichen Maßstab vollstreckt werden. Der begrenzte Katalog der Vollstreckungshindernisse in dieser Konvention führte zu einem harmonisierten Maßstab der gerichtlichen Überprüfung (s.u. Rdn 238 ff.). Im Ergebnis sind Schiedssprüche von Schiedsgerichten mit Sitz in einem der Mitgliedsstaaten der New York Convention daher (jedenfalls außerhalb der EU) international einfacher vollstreckbar als ein Urteil aus demselben Staat.[22]

 

Rz. 10

In internationalen Fällen legen die Parteien häufig großen Wert auf die Neutralität des Forums. Mit einem Schiedsverfahren kann die Streitigkeit den staatlichen Gerichten am Sitz der gegnerischen Partei entzogen werden. Ohne Schieds- oder abweichende Gerichtsstandsvereinbarung wären nach dem Sitzprinzip des internationalen Zivilprozessrechts regelmäßig die staatlichen Gerichte am Sitz der beklagten Partei international zuständig.[23] Die Parteien befürchten eine Voreingenommenheit dieser Gerichte zugunsten der lokal ansässigen Partei, sog. home town justice.[24]

 

Rz. 11

Darüber hinaus werden in der Literatur auch die Schnelligkeit und die geringeren Verfahrenskosten eines Schiedsverfahrens diskutiert. Schiedsverfahren können in der Tat schneller und zumindest bei hohen Streitwerten günstiger als ein staatliches Gerichtsverfahren sein.[25] Dies liegt v.a. daran, dass der Rechtsstreit regelmäßig in einer Instanz beigelegt wird. Außerdem ist das Schiedsgericht bei der Kostenentscheidung nicht auf die Erstattung gesetzlicher Gebühren beschränkt und darf außerdem das Verhalten der Parteien im Schiedsverfahren berücksichtigen.[26] An ein Schiedsverfahren können sich allerdings weitere Rechtsstreitigkeiten anschließen; so kann der Schuldner des Schiedsspruches ein Aufhebungsverfahren einleiten oder sich der Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruches widersetzen.[27] Wenn der Schiedsspruch in diesen Fällen aufgehoben wird oder nicht durchsetzbar ist, muss ggf. ein weiteres Schiedsverfahren oder ein staatliches Gerichtsverfahren durchgeführt werden. In diesen Fällen ist die Streiterledigung insgesamt nicht schneller und kostengünstiger als sie es gewesen wäre, hätte man das Verfahren von vornherein vor staatlichen Gerichten durchgeführt.

 

Hinweis

Dieses Risiko sollte zwar gesehen, aber nicht überbewertet werden. Die meisten Schiedssprüche werden freiwillig erfüllt. Aufhebungsverfahren sind selten und erfolgreiche Aufhebungsverfahren noch seltener.[28] Ob ein Schiedsverfahren oder ein staatliches Gerichtsverfahren am Ende schneller und/oder günstiger ist, hängt zudem maßgeblich davon ab, in welcher Rechtsordnung das staatliche Gerichtsverfahren durchgeführt werden müsste. Im objektiven Interesse beider Parteien ex ante dürften im Übrigen eher die Qualität der Entscheidung und die Neutralität des Spruchkörpers den Entschluss für die Schiedsgerichtsbarkeit tragen als reine Kostenerwägungen.

[16] Vgl. Born, International Arbitration, S. 11 § 1.02 [C]; MüKo-ZPO/Münch, vor § 1025 Rn 119.
[17] S. z.B. zur Möglichkeit der Berufun...

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