Dr. Hans-Patrick Schroeder, Dr. Marcus P. Lerch
a) Grundsatz: Gestaltung des Verfahrens durch die Parteien
Rz. 83
Die Parteien können durch Vereinbarungen vor oder auch während des Verfahrens den Verfahrensablauf im Rahmen ihrer Parteiautonomie weitestgehend selbst gestalten. So können sie insb. die Anwendung des dispositiven Schiedsverfahrensrechts ausschließen. Schließen die Parteien das dispositive Verfahrensrecht nicht aus, gilt dieses ergänzend zu den gewählten Verfahrensregelungen.
Sofern die Parteien keine Regelung vereinbaren, kann das Schiedsgericht den Verfahrensablauf nach seinem Ermessen in den gesetzlichen Grenzen bestimmen.
Soweit aber eine konkrete Parteivereinbarung vorliegt, verliert das Schiedsgericht sein Verfahrensgestaltungsermessen. Es kann dann ohne die vorherige Zustimmung der Parteien keine anderslautende Verfahrensgestaltung mehr wählen. Bei Verstoß droht die Aufhebung des Schiedsspruches durch das zuständige Oberlandesgericht. Dies gilt selbst für "einfache" Fragen wie Fristverlängerungen, weshalb Verfahrensregeln auch nach Abstimmung mit den Parteien nicht vereinbart, sondern einseitig erlassen werden sollten.
Hinweis
In der Praxis vereinbaren die Parteien häufig bereits in der Schiedsklausel, dass die Schiedsordnung einer bestimmten Institution anwendbar sein soll. Die wesentlichen Verfahrensschritte sind damit vorgegeben. Die weitere Gestaltung des Verfahrens liegt dann i.d.R. allein beim Schiedsgericht (vgl. Art. 21.3 DIS-SchO; Art. 19 ICC-SchO). Die Parteien können aber in jeder Phase des Verfahrens weitere Vereinbarungen hinsichtlich des prozessualen Ablaufs treffen.
b) Weitgehendes Ermessen des Schiedsgerichts zur Gestaltung des Verfahrens
Rz. 84
Das Schiedsgericht hat weitreichendes Ermessen bei der Bestimmung des Verfahrensablaufes. In der Ausübung des Ermessens durch das Schiedsgericht, in der Praxis häufig durch den Vorsitzenden, kann ein Schiedsverfahren nach deutschem Schiedsverfahrensrecht Züge eines Prozesses im Common Law-Rechtskreis annehmen. Ebenso kann es aber sein, dass das Schiedsgericht sich hauptsächlich an den Regeln der ZPO oder einer anderen Verfahrensordnung aus dem Civil Law-Rechtskreis orientiert. Ausschlaggebend ist hier v.a. die Präferenz des Schiedsgerichts. In der Praxis wird es zumeist zu einer Kombination der Verfahrensstile kommen, die je nach Herkunft der Schiedsrichter mehr oder weniger stark von der Prozesskultur eines Rechtskreises geprägt ist. Dies unterstreicht die große Bedeutung, die sowohl die Formulierung der Schiedsvereinbarung wie auch die Auswahl der Schiedsrichter auf die Gestaltung und damit ggf. den Ausgang des Verfahrens haben können.
Hinweis
Die Schiedsklausel kann als rechtliches Gestaltungsmittel erhebliche verfahrensgestaltende Wirkung haben. Die Auswahl der Schiedsrichter kann ihrerseits starke Auswirkungen auf die konkrete Durchführung des Verfahrens haben. Der Einfluss auf die Gestaltung des Verfahrens wird vermittelt durch die Wahl eines Schiedsrichters, dessen Verfahrensstil den Vorstellungen der vorschlagenden Partei entspricht.
c) Grenze durch das zwingende Schiedsverfahrensrecht
Rz. 85
Die Gestaltungsmöglichkeiten der Parteien – ebenso wie das Verfahrensermessen des Schiedsgerichts – sind durch das zwingende Schiedsverfahrensrecht begrenzt. Zwingende Verfahrensvorschriften finden sich etwa in §§ 1025 Abs. 1, 1042 Abs. 1 und 2, 1029 bis 1031, 1046 Abs. 1, 1047 Abs. 2 und Abs. 3, 1048 Abs. 4 Satz 1, 1049 Abs. 3, 1066 ZPO.