Dr. Hans-Patrick Schroeder, Dr. Marcus P. Lerch
Rz. 242
Der Antrag nach § 1059 ZPO setzt zunächst voraus, dass ein Schiedsspruch vorliegt. Ein Schiedsspruch ist eine Entscheidung des Schiedsgerichts über den Streitgegenstand insgesamt oder einen Teil des Streitgegenstandes. Der Schiedsspruch kann daher entweder den materiell-rechtlichen Streitgegenstand insgesamt oder als Teilschiedsspruch z.T. erledigen. Daneben kann der Schiedsspruch als Prozessschiedsspruch auch die Schiedsklage als unzulässig abweisen. Schließlich ist noch der Schiedsspruch über die Kosten anerkannt.
Rz. 243
Nach der Rspr. des BGH prüft das staatliche Gericht das Vorliegen eines Schiedsspruches von Amts wegen und unabhängig von der Bezeichnung durch das Schiedsgericht. In einer Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2004 hat der BGH den Antrag nach § 1059 ZPO als unstatthaft angesehen, weil die als "Schiedsspruch" bezeichnete Maßnahme von einem Verbandsorgan erlassen wurde, das nicht als Schiedsgericht i.S.d. §§ 1025 ff. ZPO anzusehen war (vgl. hierzu Rdn 51).
Rz. 244
Gegen diese Rspr. bestehen Bedenken. Das Prinzip der prozessualen Meistbegünstigung spricht dafür, gegen derartige Scheinschiedssprüche – also lediglich als Schiedsspruch bezeichnete Maßnahmen – den Antrag nach § 1059 ZPO im Interesse des effektiven Rechtsschutzes der unterlegenen Partei zuzulassen. Nicht statthaft ist dagegen der Antrag nach § 1059 ZPO gegen Maßnahmen des Schiedsgerichts im laufenden Verfahren, die schon nicht als Schiedssprüche bezeichnet sind. Derartige Verfahrensanordnungen (procedural orders) können nur gemeinsam mit dem Schiedsspruch angefochten werden, wenn die Verfahrensführung durch das Schiedsgericht einen Verfahrensfehler i.S.d. § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. d) ZPO darstellt. Auch hier gilt jedoch, dass die formelle Bezeichnung durch das Schiedsgericht das staatliche Gericht nicht bindet. Soweit eine als "Beschluss" (eine "Verfügung" dürfte ähnlich zu behandeln sein) bezeichnete Entscheidung Teile des materiellen Streitgegenstandes abschließend regelt, liegt bei zutreffender Betrachtung ein möglicherweise anfechtbarer Schiedsspruch vor.