Dr. Hans-Patrick Schroeder, Dr. Marcus P. Lerch
Rz. 53
Obwohl die oben genannten Minimalvereinbarungen ausreichen, um einen Rechtsstreit rechtswirksam der Entscheidung durch ein Schiedsgericht zuzuführen, empfehlen sich insb. in Verfahren mit internationalem Bezug zusätzliche Vereinbarungen.
Hinweis:
Auch die Schiedsinstitutionen empfehlen häufig zusätzliche Vereinbarungen, insbesondere zum Schiedsort, zur Verfahrenssprache, der Zahl der Schiedsrichter und zum anwendbaren Recht. Beispielsweise enthält die Musterklausel der DIS-SchO diese zweckmäßigen Angaben.
Rz. 54
In internationalen Verfahren empfiehlt es sich zunächst, den Schiedsort festzulegen. Damit steht gleichzeitig fest, nach welchem Verfahrensrecht sich die Konstituierung des Schiedsgerichts richtet (vgl. § 1025 ZPO). Bei der Vereinbarung des Schiedsortes ist es unproblematisch, wenn die Verhandlung nicht tatsächlich an dem festgelegten Ort oder rein virtuell stattfindet, da der rechtliche Ort des Schiedsverfahrens und der tatsächliche Tagungsort nicht übereinstimmen müssen. Fehlt eine Vereinbarung über den Schiedsort, bestimmt das Schiedsgericht den Ort des Verfahrens (§ 1043 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Dadurch kann es in den frühen Verfahrensstadien zu vermeidbaren Unsicherheiten über das anwendbare Recht kommen.
Rz. 55
Aus ähnlichen Gründen ist die Festlegung der Verfahrenssprache zweckmäßig. Ansonsten kann der Fall eintreten, dass die Parteien über die Verfahrenssprache streiten und in der Zeit vor der Entscheidung durch das Schiedsgericht Schriftsätze in unterschiedlichen Sprachen austauschen. Hierdurch entsteht ggf. unnötiger Übersetzungsaufwand. Zudem besteht das Risiko der Einleitung eines Aufhebungsverfahrens durch eine der Parteien bei fehlender Einigung über die Verfahrenssprache. Darüber hinaus müssen die Parteien die erforderlichen Sprachkenntnisse auch bei der Schiedsrichterauswahl berücksichtigen. Die Unsicherheit über die Verfahrenssprache beschränkt daher zwangsläufig die in Betracht kommenden Schiedsrichter.
Rz. 56
Die Anzahl der Schiedsrichter sollte ebenfalls geregelt werden. Abhängig davon, ob der Rechtsstreit durch einen Einzelschiedsrichter oder durch ein Dreierschiedsgericht entschieden werden soll, unterscheidet sich das Verfahren zur Konstituierung des Schiedsgerichts erheblich. Gleichzeitig hat die Anzahl der Schiedsrichter naturgemäß Auswirkungen auf die Gesamtkosten des Schiedsverfahrens. Allerdings darf die psychologische Wirkung für die Parteien nicht unterschätzt werden, die sich in einem Dreierschiedsgericht von "ihrem Schiedsrichter" repräsentiert fühlen.
Rz. 57
Zusätzliche Verfahrensvereinbarungen bieten sich an, wenn die Struktur der Rechtsbeziehung zwischen den Vertragsparteien bereits besonderen Regelungsbedarf für ein späteres Schiedsverfahren erkennen lässt. Beispielsweise könnte man in Verfahren mit Parteien aus dem angloamerikanischen Rechtskreis ausdrückliche Vereinbarungen über die Durchführung der Beweisaufnahme aufnehmen (Stichworte discovery und cross examination), um spätere Streitigkeiten im Schiedsverfahren zu vermeiden. Derartiger Regelungsbedarf muss im Einzelfall antizipiert werden.
Hinweis
Eine Regelung, auf die Parteien in derartigen Situationen zurückgreifen können, enthält Art. 9 der IBA Rules on the Taking of Evidence in International Arbitration. Diese Regelung lässt dem Schiedsgericht einen weiten Ermessungsspielraum und führt einen Vorlagemechanismus ein, der für Parteien mit Hintergrund im Common Law oder Civil Law akzeptabel ist. Nach dem neu gefassten Art. 9.3. der IBA Rules kann das Schiedsgericht nun Beweise ausschließen, wenn diese unrechtmäßig erworben wurden. Ob die Geltung der IBA Rules im konkreten Fall zweckmäßig ist, erfordert eine interessenorientierte Prüfung im Einzelfall.
In internationalen Verfahren kann es sich auch anbieten, Zustellungsbevollmächtigte in dem Staat zu bestellen, in dem das Schiedsverfahren durchgeführt wird. Damit können Komplikationen der internationalen Zustellung von Schriftsätzen bereits im Vorfeld vermieden werden.