Dr. Hans-Patrick Schroeder, Dr. Marcus P. Lerch
Rz. 131
Nach Art. 12.2 ICC-SchO ernennt der Schiedsgerichtshof grds. einen Einzelschiedsrichter, sofern die Parteien keine entgegenstehende Übereinkunft getroffen haben. Hält der Schiedsgerichtshof allerdings aufgrund der Bedeutung der Streitigkeit die Ernennung von drei Schiedsrichtern für gerechtfertigt, werden drei Schiedsrichter benannt. In diesem Fall benennen der Kläger innerhalb von 15 Tagen ab Zustellung der Entscheidung und der Beklagte binnen 15 Tagen nach Zustellung der Benennung durch den Kläger jeweils einen Schiedsrichter. Der dritte Schiedsrichter wird grds. durch den Schiedsgerichtshof ernannt (Art. 12.5 ICC-SchO), es sei denn, die Parteien verabreden, dass der oder die Vorsitzende durch die Parteien bzw. die parteibenannten Schiedsrichter bestimmt werden soll.
Rz. 132
Sofern die Parteien die Entscheidung durch einen Einzelschiedsrichter vorgesehen haben, müssen sie sich grds. innerhalb einer 30-Tagesfrist ab Zustellung der Schiedsklage beim Beklagten auf einen Einzelschiedsrichter einigen (Art. 12.3 ICC-SchO).
Rz. 133
Haben die Parteien eine Entscheidung durch ein Dreierschiedsgericht vorgesehen, benennt jede Partei jeweils einen Schiedsrichter in der Schiedsklage bzw. der Schiedsklageerwiderung (Art. 12.4 ICC-SchO). Sofern eine Partei keinen Schiedsrichter benennen sollte, erfolgt die Ernennung direkt durch den Schiedsgerichtshof. Für die Benennung durch die Beklagtenseite gilt hier ebenso wie i.R.d. DIS-SchO eine 30-Tagesfrist, die sich aus der Frist zur Einreichung der Klageantwort nach Art. 5.1 lit. e) ICC-SchO ergibt.
Rz. 134
Mehrparteienverfahren sind auch nach den Regeln der ICC möglich. Durch Einführung von Art. 7.5 ICC-SchO im Zuge der Reform 2021 kann eine zusätzliche Partei nun zusätzlich erst nach Bildung des Schiedsgerichts einbezogen werden. Nach Art. 12.6 ICC-SchO müssen sich mehrere Parteien auf Kläger- oder Beklagtenseite auf einen Schiedsrichter einigen. Benennen die Parteien keine gemeinsamen Schiedsrichter und können sie keine Einigung über ein Verfahren zur Bildung des Schiedsgerichts herbeiführen, kann der Schiedsgerichtshof alle drei Schiedsrichter ernennen und einen von ihnen zum Vorsitzenden bestimmen (Art. 12.8 ICC-SchO). Art. 12.8 ICC-SchO stellt ausdrücklich klar, dass die Parteien auch ein anderes Verfahren vereinbaren können. Nach dem im Zuge der Reform 2021 neu eingefügten Art. 12.9 ICC-SchO kann der ICC-Schiedsgerichtshof trotz Einigkeit der Parteien sämtliche Mitglieder des Schiedsgerichts benennen, wenn ansonsten ein erhebliches Risiko der ungleichen oder unfairen Behandlung der Parteien bestünde und dadurch die Wirksamkeit des späteren Schiedsspruchs gefährdet wäre. Die Anforderungen hierfür dürften allerdings sehr hoch anzusetzen sein.
Rz. 135
Die verbindliche Entscheidung über die Besetzung des Schiedsgerichts trifft allein der Schiedsgerichtshof. Das gilt zum einen für die Ernennung von Schiedsrichtern, sofern dies nach den soeben dargelegten Regelungen notwendig ist. Darüber hinaus ist in Art. 13 ICC-SchO niedergelegt, dass die von den Parteien benannten Schiedsrichter jeweils noch der Bestätigung durch den Schiedsgerichtshof bedürfen. Auf diesem Weg kontrolliert der Schiedsgerichtshof effektiv die Besetzung der Schiedsgerichte bei Anwendung der ICC-SchO. In Art. 13 der ICC-SchO ist das Verfahren detailliert beschrieben. Der Schiedsgerichtshof will so sicherstellen, dass das Schiedsgericht von neutralen und zur Durchführung des Schiedsverfahrens fähigen Personen besetzt ist.