Dr. Hans-Patrick Schroeder, Dr. Marcus P. Lerch
1. Terminologie
Rz. 30
Die ZPO spricht von der Schiedsvereinbarung als Oberbegriff für eine Vereinbarung zwischen den Parteien, eine oder mehrere Streitigkeiten unter Ausschluss der Zuständigkeit staatlicher Gerichte durch ein Schiedsgericht entscheiden zu lassen (vgl. § 1029 Abs. 1 ZPO).
Rechtlich ist die Schiedsvereinbarung nach der Rspr. ein materiell-rechtlicher Vertrag über prozessrechtliche Beziehungen. Relevant ist diese Einstufung in dogmatischer Hinsicht insoweit, als die Schiedsvereinbarung neben der Begründung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts auch Mitwirkungspflichten der Parteien begründet, insb. eine Verfahrensförderungspflicht.
Schiedsvereinbarungen können in der Terminologie der ZPO als selbstständige Vereinbarung (Schiedsabrede) und in Form einer Klausel in einem Vertrag (Schiedsklausel) geschlossen werden (§ 1029 Abs. 2 ZPO). An der rechtlichen Einordnung der Schiedsvereinbarung ändert sich durch diese Ausgestaltungsvarianten nichts.
2. Bedeutung
Rz. 31
Die Schiedsvereinbarung begründet zunächst die Zuständigkeit des Schiedsgerichts. Darüber hinaus eröffnet sie den Parteien die Möglichkeit, sich ggü. einer Klage der Gegenpartei vor einem staatlichen Gericht mit der Einrede der Schiedsvereinbarung zu verteidigen (§ 1032 Abs. 1 ZPO). Das staatliche Gericht muss eine Klage durch Prozessurteil als unzulässig abweisen, wenn der Beklagte sich vor Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache auf eine wirksame Schiedsvereinbarung beruft.
Die Schiedsvereinbarung ist darüber hinaus in der Praxis zudem ein Instrument zur Gestaltung des späteren Schiedsverfahrens. Die Parteien haben i.R.d. zwingenden Rechts die Möglichkeit, das Verfahren privatautonom zu gestalten (s. bereits Rdn 26).
Hinweis
Diese Möglichkeit der privatautonomen Gestaltung des Schiedsverfahrens besteht zwar grds. zu jedem Zeitpunkt, auch während des laufenden Verfahrens. In der Praxis ist aber erfahrungsgemäß eine Einigung über Verfahrensfragen nach Entstehung der konkreten Streitigkeit häufig problematisch. Wenn die Parteien eine Vereinbarung über die Details des Verfahrens treffen wollen, ist der Abschluss der Schiedsvereinbarung der geeignete Moment.
3. Autonomie und anwendbares Recht
Rz. 32
Die Schiedsvereinbarung ist autonom, d.h. sie ist in ihrem Bestand auch dann nicht von dem Hauptvertrag abhängig, wenn sie als Schiedsklausel in dem Vertragstext selbst enthalten ist (s. § 1040 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Das bedeutet in der Praxis, dass die Frage der Unwirksamkeit des Vertragsschlusses – z.B. wegen einer Anfechtung nach § 123 BGB oder wegen eines Gesetzesverstoßes bei Korruption u.Ä. – in einem Schiedsverfahren zu klären ist. Der Wille der Parteien, alle Rechtsstreitigkeiten in einem Schiedsverfahren und nicht vor staatlichen Gerichten auszutragen, erhält hier Vorrang vor den Vorschriften des allgemeinen Zivilrechts.
Rz. 33
Die Schiedsvereinbarung ist als rechtlich selbstständiges, vom Hauptvertrag verschiedenes Rechtsgeschäft bei Auslandsbezug grds. selbstständig anzuknüpfen. Für die Bestimmung des anwendbaren Rechts gilt nach herrschender Meinung die Rom I-VO (zuvor Art. 27 ff. EGBGB). Die Parteien können daher gem. Art. 3 Rom I-VO eine gesonderte Rechtswahl für die Schiedsvereinbarung treffen. Fehlt eine solche ausdrückliche Rechtswahl, was in der Praxis den Regelfall darstellt, muss das anwendbare Recht nach den Grundsätzen des Internationalen Privatrechts festgestellt werden. Als Anknüpfungspunkt können entweder das Statut des Hauptvertrages gewählt werden oder aber das am Schiedsort geltende Recht, die sog. lex loci arbitri. Für die Anwendung der lex loci arbitri spricht, dass ein Auseinanderfallen der Statute von Schiedsvereinbarung und Schiedsverfahren ein gewisses Konfliktpotenzial in sich birgt. Die Schiedsvereinbarung hat v.a. Auswirkungen auf das Verfahren und kann Bedeutung für die Rechtsanwendung auf den materiellen Streitgegenstand haben. Eine Harmonisierung mit dem Verfahrensstatut erscheint aus diesem Grunde sachgerechter als eine Harmonisierung mit der lex causae. Im Hinblick auf die Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts auf eine Schiedsvereinbarung hat sich der BGH inzwischen der herrschenden Meinung angeschlossen, wonach die Normen des UN-Kaufrechts über den Vertragsabschluss (Artt. 14 ff. CISG) auch bezüglich der Frage der wirksamen Einbeziehung einer Schiedsklausel in den Vertrag Anwendung finden, wenn der Hauptvertrag dem UN-Kaufrecht unterfällt....