Dr. Hans-Patrick Schroeder, Dr. Marcus P. Lerch
Rz. 62
Aus dem Blickwinkel des Gesellschaftsrechts erweisen sich v.a. zwei Problemkreise im Zusammenhang mit der Formulierung von Schiedsvereinbarungen für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten als regelungsbedürftig:
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Zum einen ist sicherzustellen, dass die Gesellschafter an eine Schiedsklausel im Gesellschaftsvertrag bzw. in der Satzung auch gebunden sind (vgl. Rdn 63 ff.). |
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Zum anderen ist von vornherein mit in die Überlegungen einzubeziehen, inwieweit mögliche Streitigkeiten überhaupt schiedsfähig sind (vgl. Rdn 67 ff.). |
1. Bindung der Gesellschafter an die Schiedsklausel
Rz. 63
Für die Frage, wie eine Bindung der Gesellschafter an eine Schiedsklausel im Gesellschaftsvertrag herzustellen ist, ist zunächst danach zu differenzieren, ob es sich um eine Personen- oder Kapitalgesellschaft handelt.
a) Personengesellschaften
Rz. 64
Bei einer Personengesellschaft geht die Rspr. davon aus, dass eine Schiedsklausel im Gesellschaftsvertrag eine Schiedsvereinbarung i.S.d. § 1029 Abs. 1 ZPO darstellt und der Form des § 1031 ZPO bedarf. Damit folgt die Bindung der Gesellschafter zunächst aus der Bindung an den Gesellschaftsvertrag. Soll eine Schiedsklausel nachträglich in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden, muss das grds. einstimmig erfolgen. Sofern eine Schiedsklausel mit Mehrheitsbeschluss nachträglich in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden können soll, so muss die Möglichkeit der Vereinbarung einer solchen Klausel im Wege des Mehrheitsbeschlusses im Gesellschaftsvertrag vereinbart worden sein. Im Fall einer Übertragung des Gesellschaftsanteils geht die im Gesellschaftsvertrag wirksam vereinbarte Schiedsklausel nach Auffassung des BGH gem. § 401 BGB analog auf den neuen Rechtsinhaber über.
b) Kapitalgesellschaften
Rz. 65
Bei einer Kapitalgesellschaft liegt kein Fall von § 1029 ZPO vor, sondern eine statutarische Schiedsklausel i.S.d. § 1066 ZPO. Als solche entfaltet sie Bindungswirkung für die Mitglieder einer juristischen Person aufgrund der Mitgliedschaft. Die Aufnahme in eine Satzung nach der erstmaligen Verabschiedung ist nach h.M. mit Zustimmung aller Gesellschafter möglich. Ob die nachträgliche Beseitigung einer satzungsmäßigen Schiedsklausel ebenso Einstimmigkeit erfordert, ist zweifelhaft.
c) Reichweite der Schiedsklauseln
Rz. 66
Zu beachten ist, dass sich aus der unterschiedlichen dogmatischen Verankerung der Schiedsklauseln in § 1029 ZPO einerseits und § 1066 ZPO anderseits Konsequenzen für deren Reichweite ergeben: Nach althergebrachter Rspr. des BGH erfassen statutarische Schiedsklauseln nur mitgliedschaftsrechtliche Streitigkeiten, welche der Bestimmung der Gesellschafter unterliegen. Eine vertragliche Schiedsklausel i.S.d. § 1029 ZPO kann dagegen individualrechtliche Ansprüche der Gesellschafter mitumfassen.
Hinweis
Sofern in Kapitalgesellschaften auch individualrechtliche Streitigkeiten im schiedsrichterlichen Verfahren geklärt werden sollen, ist ggf. der Abschluss einer ergänzenden Schiedsvereinbarung erforderlich.
2. "Schiedsfähigkeit" gesellschaftsrechtlicher Streitigkeiten
Rz. 67
Bei der Frage der Schiedsfähigkeit von gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten ist zunächst zwischen vermögensrechtlichen Streitigkeiten im weiteren Sinne (vgl. Rdn 68) und zwischen Beschlussmängelstreitigkeiten zu differenzieren (vgl. Rdn 69 ff.).
a) Grundsätzliche Schiedsfähigkeit als vermögensrechtliche Streitigkeiten
Rz. 68
Grds. sollen alle vermögensrechtlichen Streitigkeiten in der Gesellschaft schiedsfähig sein (vgl. dazu bereits o. Rdn 37 ff.). Erfasst sind im Ausgangspunkt alle Ansprüche zur Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen. Daraus folgt, dass gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten, bei denen üblicherweise vermögensrechtliche Ansprüche streitgegenständlich sind, im Regelfall schiedsfähig sind.