Dr. Hans-Patrick Schroeder, Dr. Marcus P. Lerch
Rz. 238
Der Schiedsspruch beendet die schiedsrichterliche Instanz endgültig, regelmäßig ist kein Rechtsmittel statthaft. Damit kann die unterlegene Partei die Rechtmäßigkeit von Tatsachenfeststellung und Rechtsanwendung durch das Schiedsgericht nicht überprüfen lassen (Rdn 239). Lediglich besonders schwere und gesetzlich abschließend aufgezählte Fehler des Schiedsspruches oder des schiedsrichterlichen Verfahrens können entweder in einem Aufhebungsverfahren nach § 1059 ZPO (Rdn 240 ff.) oder als Einrede in einem auf Anerkennung und Vollstreckbarerklärung gerichteten Verfahren (Rdn 272 ff.) geltend gemacht werden. Darüber hinaus können in engen Grenzen auch weitere Einwendungen gegen den Schiedsspruch erhoben werden (Rdn 282 ff.).
1. Keine Rechtsmittel im Schiedsverfahren
Rz. 239
Grds. gibt es im Schiedsverfahren keine zweite Instanz. Ein Schiedsspruch hat gem. § 1055 ZPO die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils. Fälle, in denen ein Oberschiedsgericht zur Überprüfung des Schiedsspruches in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vereinbart wird, kommen in der Praxis nur höchst selten vor. Die Verfahren zur Anerkennung und Vollstreckung bzw. zur Aufhebung eines Schiedsspruches sind keine Rechtsmittel gegen die Entscheidung. Sie haben einen anderen Streitgegenstand als das Schiedsverfahren und ermöglichen dem staatlichen Gericht keine vollinhaltliche Überprüfung der Sachverhaltsfeststellung und der Rechtsanwendung durch das Schiedsgericht. Das Gericht ist vielmehr auf den Prüfungsmaßstab des § 1059 ZPO beschränkt.
Hinweis
Die Streitbeilegung in einer Instanz führt zu einer Konzentration des Schiedsverfahrens. Sie eröffnet Chancen zur Beschleunigung der Streiterledigung, birgt aber zugleich das Risiko, dass die unterlegene Partei eine falsche Entscheidung nicht angreifen kann, da die Entscheidung keinen der in § 1059 ZPO genannten Tatbestände erfüllt. Dies kann in Bezug auf die Aufgabe der Streiterledigung, neben Rechtsfrieden auch materielle Gerechtigkeit herzustellen, im Einzelfall als Nachteil empfunden werden.
2. Aufhebungsverfahren gem. § 1059 ZPO
a) Einleitung
Rz. 240
Der Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruches ist ein Notbehelf, durch den die staatlichen Gerichte die Kontrolle über das schiedsrichterliche Verfahren ausüben. Ziel dieser Gestaltungsklage ist die rückwirkende Aufhebung des Schiedsspruches, genauer die Beseitigung seiner Rechtswirkungen insgesamt. Der Rechtsanwalt der unterlegenen Partei kann den Aufhebungsantrag aber nur innerhalb einer Frist von drei Monaten stellen. Erfolg hat der Antrag nur, wenn einer der in § 1059 ZPO aufgeführten Aufhebungsgründe tatsächlich vorliegt, wofür der Antragsteller die Darlegungs- und Beweislast trägt. Die tatsächlichen und rechtlichen Schranken sind dementsprechend hoch. Damit wollte der Gesetzgeber einen Ausgleich zwischen den staatlichen Kontrollinteressen und den Interessen der Verfahrensbeteiligten an einer weitgehenden Unabhängigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit von staatlicher Einflussnahme herstellen.
b) Statthaftigkeit
Rz. 241
Der Aufhebungsantrag ist statthaft, wenn er sich gegen einen Schiedsspruch eines Schiedsgerichts mit Sitz im Inland richtet.
aa) Vorliegen eines Schiedsspruches
Rz. 242
Der Antrag nach § 1059 ZPO setzt zunächst voraus, dass ein Schiedsspruch vorliegt. Ein Schiedsspruch ist eine Entscheidung des Schiedsgerichts über den Streitgegenstand insgesamt oder einen Teil des Streitgegenstandes. Der Schiedsspruch kann daher entweder den materiell-rechtlichen Streitgegenstand insgesamt oder als Teilschiedsspruch z.T. erledigen. Daneben kann der Schiedsspruch als Prozessschiedsspruch auch die Schiedsklage als unzulässig abweisen. Schließlich ist noch der Schiedsspruch über die Kosten anerkannt.
Rz. 243
Nach der Rspr. des BGH prüft das staatliche Gericht das Vorliegen eines Schiedsspruches von Amts wegen und unabhängig von der Bezeichnung durch das Schiedsgericht. In einer Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2004 hat der BGH den Antrag nach § 1059 ZPO als unstatthaft angesehen, weil die als "Schiedsspruch" bezeichnete Maßnahme von einem Verbandsorgan erlassen wurde, das nicht als Schiedsgericht i.S.d. §§ 1025 ff. ZPO anzusehen war (vgl. hierzu Rdn 51).
Rz. 244
Gegen diese Rspr. bestehen Bedenken. Das Prinzip der prozessualen Meistbegünstigung spricht dafür, gegen derartige Scheinschiedssprüche – also lediglich als Schiedsspruch bezeichnete Maßnahmen – den Antrag nach § 1059 ZPO im Interesse des effektiven Rechtsschutzes der unterlegenen Partei zuzulassen. Nicht statthaft ist dagegen der Antrag nach § 1059 ZPO gegen Maßnahmen des Schiedsgerichts im laufenden Verfahren, die schon nicht als Schiedssprüche bezeichnet sind. Derartige Verfahrensanordnungen (procedural orders) können nur gemeinsam mit dem Schiedsspruch angefochten werden, wenn die Verfahrensführung durch das Schiedsgericht einen Verfahrensfehler i.S.d. § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. d) ZPO darstellt. Auch hier gilt jedoch, dass die formel...